„König von Europa“: Messi und der Torrekord
Barcelona (dpa) - Selbst eine ärgerliche Flugzeugpanne konnte die Freude der Profis vom FC Barcelona nicht trüben. Nach dem erlösenden 2:0 bei Ajax Amsterdam und dem vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale der Champions League hatte vor allem Lionel Messi Grund zu strahlen.
Mit einem Doppelpack und nunmehr 71 Treffern in der Königsklasse stellte der 27-Jährige den Rekord des früheren Real-Madrid- und Schalke-Profis Raúl ein. Der Argentinier blieb in einer weiteren großen Stunde seiner Karriere bescheiden: „Der Rekord ist heute nicht das Wichtigste, wichtig sind die drei Punkte.“
Dass die mitternächtliche Fahrt zum Flughafen nach dem schwer erkämpften Sieg, zu dem der deutsche Torwart Marc-André ter Stegen mit einigen Glanzparaden beitrug, am Ende völlig umsonst war und man wegen eines Defekts am Flugzeug die Nacht in Amsterdam verbringen musste, schien niemanden wirklich zu stören. Nach zwei Niederlagen in der Liga gegen Erzrivale Real (1:3) und Celta de Vigo (0:1) war der endgültige Sturz in die Krise vermieden worden. „Barcelona wurde von Messi wiederbelebt“, stellte das Sportblatt „Mundo Deportivo“ fest.
Grund zur Freude hatte vor allem Trainer Luis Enrique, der sich nach den beiden Pleiten bereits erste Kritik hatte anhören müssen. Und der im Sommer von Barcelona verpflichtete Coach wusste, bei wem er sich bedanken musste: „Messi ist ohne jeden Zweifel der beste Spieler, den ich jemals gesehen habe“, sagte er mit Bestimmtheit.
Auch Teamkollegen und Medien sparten nicht mit Lob. „Es gibt gar kein Wort, um Messi zu definieren. Wir werden im Fußball nie wieder einen solchen Spieler sehen. Ich muss mich bei Gott bedanken, dass ich ihn jetzt begleiten darf“, sagte der frühere Schalker und Barça-Neuzugang Ivan Rakitic. „Goldener Messi“ titelte „Mundo Deportivo“, das Blatt „Sport“ erhob den 1,69-Meter-Mann gleich zum „König von Europa“.
Sein erstes Tor in der Champions League hatte Messi fast auf den Tag genau vor neun Jahren, am 5. November 2005, gegen Panathinaikos Athen erzielt. In Amsterdam zog er nun kurz Bilanz: „Die schönsten waren für mich die Endspiel-Tore“, sagte Messi in Anspielung auf seine beiden Treffer bei den Finalsiegen gegen Manchester United 2009 in Rom (2:0) und 2011 in London (3:1).
Für seine 71 Champions-League-Tore benötigte der Argentinier nur 90 Begegnungen, Raúl 142 Spiele. Messis Erzrivale Cristiano Ronaldo, der am Dienstag beim 1:0-Sieg Reals über Liverpool leer ausging und bei 70 Toren stehenblieb, kommt auf 102 Einsätze. Einen besseren Schnitt als Messi (0,78) weist nur Landsmann Alfredo Di Stéfano auf, der in den 1950er und 60er Jahren in 58 Spielen des Europapokals der Landesmeister 49 Mal traf (Schnitt: 0,84). Messi greift nun in der Primera División den Torrekord von Telmo Zarra (251) an. Mit zwei Toren würde er am Samstag bei Almería zur Nummer eins avancieren.
In den vergangenen Tagen hatte die Gerüchteküche um den vierfachen Weltfußballer heftig gebrodelt. Er habe die Pleite im WM-Finale gegen Deutschland bis heute nicht verdaut und sei todtraurig. Das Umfeld in Barcelona stimme zudem nicht mehr, er wolle weg. Und dann noch die Steueraffäre, Messi muss wegen Hinterziehung vor Gericht.
Der Rekord ließ alle Gerüchte jäh verstummen. Die argentinische Zeitung „Clarín“ kennt das „Geheimnis“ von Messis Comeback: Sein enger Freund Marcelo D'Andrea, Physiotherapeut des argentinischen Nationalteams, sei seit zwei Wochen in Barcelona und wohne bei Messi, um den Spieler moralisch aufzubauen, hieß es. Der Nationalverband AFA teilte in Buenos Aires mit, D'Andrea sei nicht auf offizieller Dienstreise, sondern „auf Bitte Leos“ nach Spanien geflogen. Die Reise trug offenbar schon erste Früchte.