Lahm: „Keine Wut“ auf Kahn - „Interessiert nicht“

München (dpa) - Oliver Kahn hat den leisen Führungsstil der Bayern-Kapitäne Philipp Lahm und Schweinsteiger mit dafür verantwortlich gemacht, dass die deutschen Clubs seit zehn Jahren auf einen internationalen Titel warten.

Lahm hat die Kritik seines langjährigen Teamkollegen spöttisch gekontert. „Was ein ehemaliger Spieler in irgendeinem Blog sagt oder schreibt, das interessiert uns nicht, das interessiert Bastian (Schweinsteiger) nicht, das interessiert die Mannschaft nicht“, erklärte der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und des FC Bayern München bei einer Pressekonferenz in München.

Er habe „keine Wut“ auf Kahn und auch „kein Problem“ mit dessen Aussagen. „Ich sehe der Sache sehr gelassen entgegen“, sagte Lahm. Kahn hatte Lahm und Schweinsteiger in einem Beitrag auf der „Eurosport“-Internetseite dafür mitverantwortlich gemacht, dass die deutschen Fußball-Clubs auf internationaler Ebene seit zehn Jahren keinen Titel mehr gewonnen haben. Der ehemalige Nationaltorhüter stellte dabei die These auf: „Ohne echte Führungsspieler werden die Bundesligaclubs noch lange auf internationale Titel warten müssen!“

Schweinsteiger reagierte in der „Bild“-Zeitung: „Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass Oliver Kahn früher nichts mehr gehasst hat als Kritik von Ex-Kollegen, die über die Medien ausgeübt wird. Von so einem großen Spieler erwarte ich, dass er sich an seine Worte erinnert.“ Er widersprach Kahn und verteidigte seinen Führungsstil als stellvertretender Kapitän beim FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft: „Die Sachen werden intern analysiert und dort auch ganz klar angesprochen.“ Auf dem Platz gehen Lahm und Schweinsteiger dagegen nicht - wie früher Kahn - auf Teamkollegen los.

Bayern-Trainer Jupp Heynckes lobte die „besonnene“ Teamführung von Lahm und auch Schweinsteiger. „Man muss nicht nach außen poltern. Man kann auch intern mal auf den Tisch hauen, das machen Philipp und Bastian“, sagte Heynckes: „Ihr Wort hat Gewicht in der Mannschaft.“ Kahn, Stefan Effenberg oder Lothar Matthäus seien „andere Kapitäne“ gewesen, betonte der 66 Jahre alte Trainer: „Der Charakter ist entscheidend. Jeder Typ kann wertvoll für die Mannschaft sein.“

Kahn, der 2001 mit den Bayern die Champions League und den Weltpokal gewann, glaubt, dass die lange „Titelflaute“ deutscher Clubs in den internationalen Wettbewerben womöglich mit einer Spielergeneration zusammenhängt, „deren Stellvertreter Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger vehement leugnen, dass eine Mannschaft heutzutage echte Führungsspieler braucht“. Diese würden „auch mal unbequeme Wahrheiten aussprechen“, betonte der Ex-Nationalspieler. Solchen Akteuren sei „ihr eigenes Image unwichtiger als der Erfolg“.

Lahm will seinen Führungsstil nicht ändern. „Wir werden so weiterarbeiten.“ Und der sportliche Erfolg werde sich dann auch wieder einstellen: „Es gehört auch Glück dazu, einen internationalen Titel zu gewinnen. Das ist schwer, aber daran arbeiten wir.“

Als „Leuchttürme“ und „Vorbilder“ zählte Kahn Spieler wie Rio Ferdinand (Manchester United), Carles Puyol, Xavi (FC Barcelona), John Terry, Paul Lampard (FC Chelsea) und den Ex-Münchner Lucio (Inter Mailand) auf. „Es gibt genügend Spielerpersönlichkeiten im deutschen Fußball“, kommentierte Heynckes.