Trainerduell der Extraklasse Meister Ancelotti gegen Schüler Zidane
München (dpa) - Carlo Ancelotti bringt auch kurz vor dem hochbrisanten Champions-League-Spektakel gegen Real Madrid rein gar nichts aus der Ruhe.
„Ich schlafe sehr gut, ich habe keine Probleme“, versicherte der italienische Starcoach mit einem verschmitzten Lächeln. Doch bei aller Coolness und inneren Ruhe: Beim Gedanken an das spannungsgeladene Wiedersehen mit seinem weltberühmten früheren Assistenten Zinedine Zidane und seinem noch viel berühmteren Ex-Club kribbelt es natürlich auch bei Ancelotti seit Wochen.
„Carlo denkt schon lange an das Spiel, er will unbedingt gewinnen und weiterkommen. Er hat eine schöne Erinnerung, den Champions-League-Sieg in Lissabon“, erinnerte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge an Ancelottis großen Königsklassenabend beim Finaltriumph mit Real im Mai 2014.
Aber Ancelotti, der auf dem Weg zu diesem Titelgewinn den FC Bayern und Pep Guardiola mit 4:0 in München demütigte, muss auch auf eine unschöne Erfahrung zurückblicken: Eine Saison nach „La Décima“, dem zehnten Triumph in Europas Elite, beendete Präsident Florentino Pérez das Kapitel Ancelotti beim Weltverein. „Wir alle wissen, was er hier geleistet hat. Er hat Großes vollbracht“, hob Zidane als Nach-Nachfolger von Ancelotti hervor und freut sich auf das Wiedersehen. „Das wird ein Treffen von einem Lehrer mit seinem Schüler. Ich war Co-Trainer bei Carlo und habe viel gelernt. Er ist ein guter Mensch.“
Lob und Dankbarkeit gehören zu Ancelottis Vita wie die zahlreichen Titel. Er weiß Stars von Cristiano Ronaldo über Zlatan Ibrahimović bis hin zu Didier Drogba bei Laune zu halten - das hat auch Zidane von seinem Lehrmeister mit auf den Weg bekommen. „Ein Trainer muss an alles denken, jeden Tag. Er will, dass seine Spieler zufrieden sind und gut arbeiten, und zwar alle 24 Profis im Kader, nicht nur ein paar“, beschrieb es der Franzose einmal.
Beim FC Bayern gelingt das Ancelotti bislang, als perfekter Mia-san-Mia-Trainer lebt er Ruhe und Gelassenheit vor. „Diese Ruhe und das Vertrauen spüren wir Spieler - und das tut uns gut“, sagte David Alaba. Der bisherige Saisonverlauf hat bei den Bayern die Hoffnung vergrößert, sich zum dritten Mal nach 2001 unter Ottmar Hitzfeld und 2013 unter Jupp Heynckes zum Champion in Europa krönen zu können.
„Wir wollen beide die Champions League gewinnen“, sagte Zidane. Er selbst muss dazu ein einmaliges Künststück in der Königsklasse bewerkstelligen: Nie zuvor glückte die Titelverteidigung. Dass er, das französische Fußballgenie von einst, überhaupt die Chance dazu hat, verdankt der 44-Jährige auch dem 57 Jahre alten Bayern-Coach. Denn Ancelotti beförderte den früheren Weltfußballer im Jahr 2015 zu seinem Assistenten. „Wenn Zinedine etwas sagt, hören die Spieler zu“, pries Ancelotti einmal die Aura seines früheren Lehrlings.
„Die zwei pflegen ein gutes Verhältnis“, sagte Rummenigge vor dem Trainerduell der Extraklasse. Ancelotti (Vertrag bis 2019) und Zidane (Vertrag bis 2018) gehören zu den ruhigeren Vertretern am Spielfeldrand. Beide bereiten ihr Ensemble exzellent vor und vertrauen dann vor allem den Fähigkeiten ihrer (Welt-)Stars. So wie es Zidane selbst als Spieler unter Ancelotti von 1999 bis 2001 bei Juventus Turin genoss.
Von der Abgeklärtheit des Weltmannes Ancelotti bei Pressekonferenzen kann Zidane noch lernen. Wenngleich auch er die Kunst beherrscht, wie der Mister nicht zu viel preiszugeben. Zuletzt erstaunte Zidane aber in Madrid mit Aussagen über seine Zukunft. „Es ist überhaupt nicht sicher, dass ich weitermachen werde“, sagte der Franzose vor dem 1:1 im Stadtderby gegen Atlético. „Ich sorge mich immer nur um das nächste Spiel. Was danach passieren wird, weiß ich nicht.“
Bei allem Wirbel: Kaum einer weiß besser als Zidane oder erst recht als Ancelotti, dass das Trainerleben bei Real schneller als gedacht vorbei sein kann. Zuletzt kamen Spekulationen auf, dass Pérez in der Amtszeit von Ancelotti mittels Medien versucht haben soll, Einfluss auf die Trainerarbeit zu nehmen. Ancelotti reagierte gewohnt unaufgeregt. Das wisse er nicht, aber es sei ihm auch nicht wichtig, lautete die Botschaft des Bayern-Coaches. Und sowieso: All das ändere nichts daran, dass Madrid eine „wirklich gute Erfahrung“ gewesen sei.