Champions League Schürrle schießt sich in die Herzen der BVB-Fans

Dortmund (dpa) - Nach solch magischen Momenten hatte sich André Schürrle lange gesehnt. Mit geballter Faust und einem Kung-Fu-Kick gegen die Eckfahne feierte der Weltmeister vor der bebenden Südtribüne des Dortmunder Fußball-Tempels sein spätes Traumtor zum 2:2 (1:1) gegen Real Madrid.

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„Am Ende war es sehr emotional“, sagte der BVB-Neuzugang sichtlich berauscht. Obwohl seine überwunden geglaubte Innenbanddehnung im Knie wieder Probleme bereitete, geriet Schürrle auch beim anschließenden Interview-Marathon ins Schwärmen: „Das wird unserer jungen Mannschaft helfen, zusammenzuwachsen. Da wird noch mehr von uns kommen.“

Nach eher unbefriedigenden Stationen in Leverkusen, Chelsea und Wolfsburg scheint der einstige Mainzer sein Glück gefunden zu haben. Beflügelt von der prickelnde Stadionatmosphäre, die Schürrle vor der Saison als einen der Hauptgründe für seinen Wechsel zur Borussia genannt hatte, beförderte er den Ball nur drei Minuten vor dem Ende mit immenser Wucht unter die Latte ins gegnerische Tor. Das traumhafte Comeback nach gut zweiwöchiger Verletzungspause bestärkte ihn in seinem Glauben, mit seiner Unterschrift beim BVB alles richtig gemacht zu haben. „Vom ersten Tag an hat alles richtig gepasst. Ich fahre jeden Morgen mit einem Lächeln zum Training.“

Nach Real-Toren von Cristiano Ronaldo (17.) und Raphael Varane (68.) schien die Partie für den mutigen BVB verloren - bis zum großen Auftritt von Schürrle. Der Treffer seines in der 58. Minute eingewechselten Jokers bereitete vor allem Thomas Tuchel große Freude. Schließlich hatte der Fußball-Lehrer die Dortmunder Vereinspitze im Sommer davon überzeugt, stattliche 30 Millionen Euro für Schürrle an Wolfsburg zu überweisen. Der schon in der Mainzer Jugend von Tuchel betreute Profi ist auf gutem Weg, dieses Vertrauen zurückzuzahlen. „André ist ein Spieler, der einen engen Bezug zum Trainer braucht, um seine beste Leistung zu zeigen“, sagte Tuchel, „ich bin sehr froh, dass ihm dieser Treffer gelungen ist.“

Schürrle ist damit der erste deutsche Spieler, der für vier verschiedene Clubs in der Champions League traf. Sein Schuss ins Glück gegen Real war der Lohn für einen starken Auftritt seines Teams. Ohne Respekt vor großen Namen wie Ronaldo, Toni Kroos und Gareth Bale kombinierten Tuchels Jungspunde phasenweise nach Herzenslust. Den couragierten Auftritt wertete der Coach als Fortbildung der besonderen Art: „Wir wollten heute auf diesem Niveau ausprobieren, ob wir die gleiche Schlagzahl, das gleiche Tempo spielen können wie in der Bundesliga. Phasenweise ist uns das gelungen.“

Auch im sechsten Champions-League-Heimspiel gegen die hochdekorierten „Königlichen“ blieb der BVB ohne Niederlage und verteidigte die Tabellenführung in der Gruppe F vor den punktgleichen Spaniern (4), Sporting Lissabon (3) und Legia Warschau (0). Selbst ein zweimaliger Rückstand nahm dem neuformierten Team nicht den Glauben an die eigene Stärke. „Wir haben eine überragende Mentalität, einen sehr guten Charakter“, lobte Sportdirektor Michael Zorc. Ähnlich sah es Schürrle: „Wenn man zwei Mal nach einem Rückstand gegen Real Madrid zurück kommt, ist es ein gutes Gefühl. Wir können auf jedem Niveau Topmannschaften Paroli bieten.“

Allerdings besteht die Gefahr, dass der gefeierte Angreifer vorerst wieder zum Zuschauen verurteilt ist. Noch während der Partie meldeten sich die Beschwerden im lädierten Knie zurück. Mit dicker Bandage ging er Richtung Kabine. Doch die Freude über seinen Treffer half über den Rückschlag hinweg - zumindest im ersten Rausch der Gefühle. Auf den gesundheitlichen Rückschlag ging Schürrle nur beiläufig ein: „Die alte Verletzung ist leider wieder aufgebrochen. Mal sehen, was ist.“