Sergio Ramos nimmt doppelte Revanche

Madrid (dpa) - In nur vier Minuten beglich Sergio Ramos seine alte Rechnung mit dem FC Bayern. Nach den beiden Kopfballtreffern, die Real Madrid den Weg zum historischen 4:0 in München und ins Finale der Champions League ebneten, feierten die Spanier den Abwehrrecken als Helden des Tages.

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„Die Champions League war mir noch etwas schuldig“, sagte der Welt- und Europameister.

Vor zwei Jahren hatte Ramos im Halbfinale gegen die Münchner beim Elfmeterschießen einen Strafstoß hoch über das Tor von Manuel Neuer geschossen und war zum Ziel von Hohn und Spott geworden. „Sergio Ramos revanchiert sich gleich doppelt bei Neuer“, feierte das Sportblatt „As“ den Verteidiger, der mit seinen spielentscheidenden Toren sogar Cristiano Ronaldo ein wenig in den Schatten stellte.

Der Weltfußballer, der gegen die Bayern zwei weitere Treffer folgen ließ, konnte sich immerhin über einen persönlichen Rekord freuen: Mit nun 16 Toren gelangen ihm die meisten Champions-League-Treffer, die jemals ein Spieler in einer Saison erzielte. „Rekorde sind dazu da, gebrochen zu werden“, meinte der Torjäger. „Und wenn mir so etwas gelingt, ist das umso besser.“ Der Portugiese schränkte aber zugleich ein: „Der Torrekord hat mich nicht besessen gemacht. Ich bin besessen, die Champions League zu gewinnen.“

Der 4:0-Sieg der Madrilenen beim Titelverteidiger wurde in Spanien als „historischer Triumph“ gefeiert. „Real steht vor dem Tor zum Himmel“, titelte die Online-Zeitung „elmundo.es“. Der spanische Rekordmeister, der zuletzt dreimal hintereinander im Halbfinale gescheitert war, zieht erstmals seit zwölf Jahren wieder ins Finale des europäischen Elitewettbewerbs ein. Die langersehnte „La Décima“ - der zehnte Europacuptitel - scheint greifbar nahe zu sein.

„Real gelingt in München eine legendäre Heldentat“, titelte das Sportblatt „Marca“. „Die Madrilenen gewinnen dort, wo sie noch nie gewonnen hatten, und das gegen den amtierenden Champions-League-Sieger.“

Ein wenig Spott gab es in Madrid für Karl-Heinz Rummenigge. Der Vorstandschef des FC Bayern hatte nach dem 0:1 im Hinspiel angekündigt, dass in München im Rückspiel „der Baum brennen“ würde. „Rummenigge hatte Recht“, witzelte „As“. „München stand in Flammen.“ Die Zeitung „La Razón“ schlug in die gleiche Kerbe: „Real setzt München in Brand.“

Einige spanische Kommentatoren sehen in dem 0:4-Debakel des FC Bayern gar das Ende eines Spielsystems. „In München werden nun die Zweifel am Projekt von Trainer Pep Guardiola wachsen“, meint die Zeitung „El Mundo“. „Die FC-Bayern-Elf fand keine Gegenmittel gegen Real und konnte in zwei Spielen das Tor von Iker Casillas kaum in Gefahr bringen.“ „Marca“ bringt das Fiasko des deutschen Meisters auf den Nenner: „Die Bayern spielen sich den Ball gut zu, aber Casillas hätte 50 Jahre zwischen den Pfosten stehen können und keinen Treffer kassiert. Kein Wunder, denn die Bayern schießen nicht auf sein Tor.“

Carlo Ancelotti gelang bei Real auf Anhieb, woran zuvor acht Trainer gescheitert waren: Der Italiener verhalf den „Königlichen“ zu deren erstem Einzug in ein Champions-League-Finale seit dem 2:1-Erfolg über Bayer Leverkusen am 15. Mai 2002 in Glasgow. „Als ich nach Madrid kam, spürte ich sogleich, dass der Europacup für Real etwas ganz Besonderes ist“, berichtete Ancelotti. „Die Sehnsucht nach 'La Décima' liegt förmlich in der Luft.“

Nur eines trübte die Freude der Madrilenen über den Einzug ins Finale: Real muss in Lissabon wegen einer Gelb-Sperre auf seinen Regisseur Xabi Alonso verzichten. Der Baske handelte sich in München beim Stand von 3:0 wegen eines völlig überflüssigen Fouls an Bastian Schweinsteiger eine Gelbe Karte ein. „Die Regel ist ungerecht“, beklagte sich der Welt- und Europameister. „Nur wegen einer Gelben Karte nimmt man mir das Finale.“