Underdog Nikosia erobert die „Königsklasse“
Frankfurt/Main (dpa) - Fußball-Europa staunt. Zyperns Meister Apoel Nikosia mischt die Champions League auf und steht vor dem Einzug ins Achtelfinale. Der 2:1-Last-Minute-Sieg der Billig-Kicker über Europa-League-Champion FC Porto versetzte die Mittelmeerinsel in einen kollektiven Freudentaumel.
In Nikosia wurde bis weit nach Mitternacht getanzt, gefeiert und gesungen. Der weiterhin ungeschlagene Außenseiter führt die Tabelle der Gruppe G mit acht Punkten vor Zenit St. Petersburg (7) an und benötigt in den zwei verbleibenden Spielen nur noch einen Sieg zum Sprung in die K.o.-Phase. Titelverteidiger FC Barcelona und der AC Mailand haben das Achtelfinale bereits erreicht.
„Es ist unglaublich und schwer vorzustellen, in welcher Position wir uns befinden. Aber wir haben es verdient, hier zu stehen. Wir haben gezeigt, dass wir als Mannschaft eine Qualität haben“, meinte Führungstorschütze Ailton nach dem Überraschungserfolg vor 22 000 Zuschauern. Auch Mittelfeldspieler Nuno Morais kann die bemerkenswerte Erfolgsserie des Rekordmeisters kaum glauben: „Für uns ist das ein Traum, einfach wunderbar. Wir sind sehr glücklich.“ Dabei ist Apoel in der „Königsklasse“ erst zum zweiten Mal dabei. Bei der Premiere in der Saison 2009/10 war der Club als Gruppenletzter sieglos ausgeschieden.
Aber was ist das eigentlich für eine Truppe, die als Underdog nun gegen die Großen gewinnt? Die Mannschaft des serbischen Trainers Ivan Jovanovic ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen unbekannter Profis und hat einen Marktwert von nur 17 Millionen Euro - Portos Star Hulk, der kurz vor Schluss (89.) den zwischenzeitlichen Ausgleich besorgte, ist allein 31 Millionen Euro wert.
1926 wurde der Verein von Griechen gegründet und ist seither eng mit der komplizierten Geschichte der Insel verknüpft. Apoel gilt als eng verbunden mit griechischen Nationalisten und spaltete sich nach dem Krieg sogar. Als sich der Verein im griechischen Bürgerkrieg mit rechten Kräften solidarisierte, gründeten eher linke Vereinsmitglieder 1948 einen eigenen Club.
Nach den Achtungserfolgen des zyprischen Clubs Anorthosis Famagusta, der vor zwei Jahren in der Champions League als Dritter der Gruppenphase immerhin Atlético Madrid hinter sich gelassen hatte, will Apoel nun den großen Coup. „Das ist ein großartiger Moment in unseren Leben, für unsere Fans, unsere Leute, unser Team, unsere Spieler, für jeden“, sagte Stürmer Gustavo Manduca staatstragend nach seinem Siegtreffer in der Nachspielzeit. In drei Wochen geht's nach St. Petersburg, spätestens am letzten Spieltag soll dann zu Hause gegen Schachtjor Donezk das Wunder perfekt gemacht werden.