Fußballprofis spenden Gehalt Common Goal und sein 1-Prozent-Projekt

Frankfurt/Main (dpa) - Wem könnte man mit einem Prozent von Lionel Messis zweistelligem Millionengehalt alles helfen in der Welt? Natürlich engagiert sich der Superstar vom FC Barcelona auch im sozialen Bereich, bisher aber nicht bei Common Goal.

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Das Projekt der Organisation Streetfootballworld rückt nach nur wenigen Monaten immer mehr in die Öffentlichkeit: Insgesamt 18 Profis, darunter Weltmeister Mats Hummels und Hoffenheims Julian Nagelsmann als bisher einziger Trainer, spenden ein Prozent ihres Gehalts. Wohin aber fließt das Geld?

Den Ball ins Rollen brachte Juan Mata. Der spanische Nationalspieler von Manchester United erklärte als Erster, ein Prozent - vor Steuer - seines Jahresgehalts an Common Goal zu spenden. Was laut englischer Medienberichte etwa 86 000 Euro von 8,6 Millionen Euro sind. Bei einem Menschen mit einem Brutto-Einkommen von 3000 wären dies 30 Euro. Aus der Bundesliga dabei sind bei der Aktion auch Dennis Aogo vom VfB Stuttgart, Shinji Kagawa von Borussia Dortmund und Serge Gnabry von 1899 Hoffenheim.

„Es ist, als lebten wir in einer Blase“, erklärte Mata in einem Interview. Die Erkenntnis, dass die Profiwelt mit ihren überhitzten Gehältern und Ablösesummen kaum noch etwas mit dem normalen Leben zu tun hat, ist natürlich auch im Spitzenfußball angekommen.

Unter der Überschrift „Im Fußball gibt es nicht nur Gier“, erklärte Nagelsmann in der „Süddeutschen Zeitung“ ausführlich, warum er sich der Common-Goal-Bewegung anschließe und sagte auch: „Seien wir ehrlich: Das eine Prozent ist für uns alle, die wir in dieser Branche sehr gut verdienen, kein Problem.“ Man solle die Wucht des Fußballs nutzen, um eine soziale Wirkung zu erzielen.

Genau das hat Jürgen Griesbeck vor. Der Sportwissenschaftler aus Berlin baute in 20 Jahren Streetfootballworld auf, eine Gemeinnützige GmbH. Diese arbeitet nach eigenen Angaben mit 127 Organisationen in 81 Ländern zusammen und sieht sich als „Partnerschaftsbauer“ bei Hilfsprojekten. Daraus wuchs Common Goal, eine Initiative, die als Fond der King Baudouin Foundation in Belgien angeschlossen ist.

„Fußball hat sich als Industriezweig entwickelt, zu einem wirtschaftlichen Powerhaus. Wir wollen zwischen zwei unterschiedlichen Welten eine Verbindung schaffen und versuchen, eine Philanthrophie zu verankern“, sagte Griesbeck. Auf der Homepage heißt es: „Changing the world trough football.“ „Die Welt ändern durch Fußball.“

Griesbeck hat eine Vision: „Wir sehen das Potenzial, dass sich der ganze Fußball beteiligt.“ Der ganze Profifußball auf der ganzen Welt. Erste Ergebnisse für Common Goal will der 52-Jährige im zweiten Quartal 2018 präsentieren: Er erwartet ein Investitionsvolumen von etwa einer halben Million Euro. Vereinbarungen seien derzeit mit rund zehn weiteren Fußballprofis getroffen. Griesbeck verspricht „höchste Transparenz“: 90 Prozent der Spenden sollen direkt ankommen, zehn Prozent an Verwaltung und Weiterentwicklung des Projekts gehen.

Streetfootballworld führt als Partner unter anderem die FIFA und UEFA an und auch die Bundesregierung. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) arbeitet die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) seit zehn Jahren mit der Organisation zusammen - beispielsweise in Jordanien, wo ein Projekt 16 000 syrische, irakische und jordanische Kinder fördert. Ein BMZ-Sprecher verweist darauf, dass man den Sport gezielt in Projekten einsetze, um Kinder und Jugendliche weiterzubilden und sie in ihrer Entwicklung zu unterstützen.

Für das Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), das das bekannte Spenden-Siegel vergibt, werfen Streetfootballworld und sein Projekt dennoch Fragen auf. „Bei Common Goal ist keine eindeutige Trägerstruktur zu erkennen. Überhaupt bleibt auf beiden Websites vieles offen. Eine transparente Gesellschaft hat ganz klar ihre Gremien aufgelistet, insbesondere dann, wenn sie wie im Fall von Streetfootballworld für sich in Anspruch nimmt, eine NGO zu sein, also eine Nichtregierungsorganisation“, sagte Burkhard Wilke, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter, der Deutschen Presse-Agentur. Der nachhaltigen Förderung, die sehr betont werde, stehe außerdem die „sehr kleinteilige Förderung vieler einzelner, ausschließlich fußballbasierter Initiativen“ entgegen.

Bislang war das soziale Engagement im bezahlten Fußball ein kaum zu durchschauendes Gestrüpp von Spendensammlungen, Stiftungen und Charity. Jetzt soll es eine stringente internationale Entwicklung geben - falls Common Goal ein Volltreffer wird. Der Zeitpunkt ist kein schlechter: Der populärste Sport der Welt steht auch unter Handlungsdruck, wenn er nicht vollends unerreichbar von seiner Basis wegdriften will.

Fußball, erklärte Spaniens Weltmeister-Trainer Vicente del Bosque jüngst im Fachmagazin „Kicker“, sei ein Synonym für die Entwicklung der Gesellschaft. Man sollte versuchen, diese „Ungeheuerlichkeiten“ wie die 222 Millionen Ablöse für Brasiliens Star Neymar, im Zaum zu halten: „Ich weiß nicht, was diese Summen bei Menschen auslösen, die um ihre Existenz kämpfen.“