Nico Hülkenberg ist vom Naturell her eigentlich gar kein Wanderarbeiter. Dabei sagt seine Vita in der Formel 1 etwas anderes aus. Williams, Force India, Sauber, wieder Force India, Renault, Racing Point, Aston Martin, Haas und nun Kick Sauber heißen seine Stationen. Ab kommendem Jahr kommt dann das Werksteam Audi dazu, das Sauber übernommen hat.
„Eine bewegte Karriere“, sagte Hülkenberg der Deutschen Presse-Agentur vor dem Großen Preis von Bahrain an diesem Wochenende und lachte, als er auf die Zahl seiner Umzüge als Privatperson angesprochen wurde. „Weniger. Wahrscheinlich nur drei- oder viermal. Ich bin eigentlich ein sehr sesshafter Typ.“
„Bis 40 kann ich definitiv fahren“
Hülkenberg ist der einzig verbliebene deutsche Formel-1-Pilot. 2010, als er debütierte, gab es sogar sieben. Nie hatten davor und danach mehr Deutsche in der Motorsport-Königsklasse zur gleichen Zeit Gas gegeben.
Hülkenberg hat in seiner Karriere nicht immer die beste Ausfahrt genommen, aber er ist immer noch da. Mit seinem siebten Platz beim Saisonstart in Australien verhalf er Kick Sauber sogar dazu, die Punkteausbeute aus der gesamten vergangenen Saison zu übertreffen. „Das war eine starke Teamleistung“, lobte der langjährige Sportdirektor Beat Zehnder.
Hülkenberg liefert immer noch ab. Und wenn es nach dem Rheinländer geht, der bei Audi langfristig gebunden ist, dürfte das bis mindestens 40 so weitergehen. Er habe „noch ein paar Rennen im Tank“, versicherte er. „Bis 40 kann ich definitiv fahren, die nächsten paar Jahre sehe ich also gar keine Probleme. Was danach kommt, kann man heute nur schwer einschätzen.“
Hülkenberg ist mittlerweile 37, Mitte August wird er 38. Rekordweltmeister Lewis Hamilton bestreitet mit 40 seine erste Saison für Ferrari, der zweimalige Champion Fernando Alonso fährt sogar noch mit 43 Jahren für Aston Martin.
Lieblingsitaliener, Zahnarzt, Friseur
Teamwechsel bedeuten immer auch, sich neu orientieren zu müssen, sich neu einzuleben, neue Dynamiken in einem Rennstall zu erfahren. „Es ist ein Prozess, der viel Arbeit erfordert, und nicht von heute auf morgen passiert. Man muss ein Verständnis dafür entwickeln, wie die andere Seite arbeitet. Das braucht alles einen Moment“, erzählte Hülkenberg.
Zu Kick Sauber, oder vielmehr Audi, ist er gekommen, um zu bleiben. „Umzüge sind immer mit Arbeit verbunden. Man muss sich zurechtfinden, eingewöhnen, das neue Zuhause, die Umgebung kennenlernen“, sagte Hülkenberg.
„Für mich privat dauert das immer einen Moment, bis ich mich wirklich eingelebt habe, bis man seinen Lieblingsitaliener hat, seinen Zahnarzt, seinen Friseur und alles Weitere, was man braucht im Alltag“, erzählte er. „Vielleicht ziehe ich auch deshalb nicht so viel um.“
Am Motorenstandort herrscht eine „hungrige Stimmung“
Auf Audi wartet ab der Saison 2026 eine Mammutaufgabe, wenn das Werksteam möglichst schnell beweisen will, dass es erfolgreich sein kann. Das, was Hülkenberg erst vor Kurzem bei einem Besuch der Motorenfabrik in Neuburg an der Donau erlebte, stimmt ihn zuversichtlich. „Man spürt dort eine sehr gute und hungrige Stimmung. Die Leute haben Lust auf Formel 1, auf dieses Projekt, sie sind motiviert und happy“, sagte Hülkenberg.
Auf die Frage, wie seine Wohlfühlatmosphäre in einem Rennstall sein müsse, antwortete er: „Das ist schwer zu umschreiben, am Ende läuft es auf ein Gefühl hinaus. Ein gutes Gefühl hat man oder man hat es nicht. Man muss sich wohl und glücklich fühlen, hier fühle ich mich so.“ Zeit für Hülkenberg also, länger zu bleiben.
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