„Danke und tschö'“: Podolski zieht das DFB-Trikot aus
München (dpa) - Erst Schweini, jetzt Poldi - die deutsche Nationalmannschaft startet mit einer personellen Zäsur in ihr nächstes Titelunternehmen bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018.
Kurz nach dem Rückzug von Kapitän Bastian Schweinsteiger hat auch der ewige Lukas Podolski einen bewegenden Schlussstrich unter seine große DFB-Karriere gezogen. „Danke Fans! 129 Spiele, 12 Jahre. Es war gigantisch, es war großartig. Und es war mir eine Ehre!“, äußerte der 31-Jährige in dem mit einem Herzen geschmückten Abschiedsgruß.
Auf der Internetseite des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) erläuterte der Profi von Galatasaray Istanbul ausführlich die Beweggründe für seine nicht unerwartete Entscheidung, die ihm „sehr schwer gefallen“ sei: „Ich habe dem Bundestrainer gesagt, dass ich ab sofort nicht mehr für die Nationalmannschaft spielen werde. Ich trete kürzer und widme mich mehr anderen Dingen. Am meisten natürlich meiner Familie.“
Weltmeister 2014. Sieben Turniere. 129 Länderspiele. 48 Tore. Von den gemeinsamen Anfängen mit Kumpel Schweinsteiger am 6. Juni 2004 beim 0:2 gegen Ungarn in Kaiserslautern bis zum Aus im EM-Halbfinale 2016 in Marseille gegen Gastgeber Frankreich hat Podolski das DFB-Team sportlich und menschlich mitgeprägt und gelebt. „Die Nationalmannschaft war für mich immer Herzensache“, sagte Podolski.
„Lukas war genauso wie Basti (Schweinsteiger) immer eine feste Größe für mich“, äußerte Bundestrainer Joachim Löw, der zwölf Jahre lang mit Podolski beim DFB zusammenarbeitete. „Mich verbindet als Trainer ein langer Weg mit ihm“, betonte Löw zum Abschied. 97 Mal - so oft wie kein anderer Akteur - kam Podolski in Löws Amtszeit zum Einsatz.
Löw bezeichnete Podolski als ein „Vorbild an Professionalität und Einstellung“. Der Neubeginn des Weltmeisters wird in zwei Wochen in Mönchengladbach gegen Finnland und danach in der WM-Qualifikation in Oslo gegen Norwegen ohne das Duo Schweinsteiger/Podolski starten.
Der Kölsche Jung Podolski, der sich am Ende seiner DFB-Laufbahn auch Spott ausgesetzt sah, als er in einigen Medien zum „Maskottchen“ herabgewürdigt wurde, ist mit sich und seiner Karriere im Reinen. „Vom zweijährigen polnischen Jungen, der quasi nur mit einem Ball unter dem Arm nach Deutschland kam, zum Weltmeister - das ist mehr, als ich mir erträumen konnte“, resümierte er stolz.
Nur Lothar Matthäus (150 Länderspiele) und sein langjähriger Mitspieler Miroslav Klose (137) haben häufiger für Deutschland gespielt. Nur drei Akteure erzielten mehr Länderspieltore als der in Polen geborene Angreifer. Einen Rekord nimmt Podolski mit in den Ruhestand: Am 29. Mai 2013 traf er in Florida beim 4:2 gegen Ecudaor nach neun Sekunden. Es war und ist der schnellste Treffer der deutschen Länderspielgeschichte.
Seinen letzten Einsatz im DFB-Trikot erlebte Podolski beim 3:0 im EM-Achtelfinale gegen die Slowakei. In der 72. Minute kam er für Julian Draxler. Nach Spielende feierten die Fans in Lille ein letztes Mal ihren Liebling. Den Anhängern galt auch sein „größter Dank“. Künftig will er selbst als Edelfan die Daumen drücken: „Ich wünsche der Nationalmannschaft eine erfolgreiche Zukunft - der Pott soll auch 2018 nach Deutschland gehen“, sagte er mit Blick auf die WM in zwei Jahren in Russland.
Nur drei Nationaltrainer erlebte Podolski beim DFB: Rudi Völler, Jürgen Klinsmann und Joachim Löw. DFB-Präsident Reinhard Grindel nannte Podolski einen „Nationalspieler zum Anfassen“ und würdigte seine Rolle als Integrationsfigur: „Ein Weltmeister im Teambuilding.“
Kaum zu glauben, dass dieses Vorbild in jungen Jahren den damaligen Kapitän Michael Ballack nach einem Disput auf dem Platz bei einem Länderspiel in Wales ohrfeigte. „Ich hätte niemals einem Mitspieler ins Gesicht langen dürfen“, sagte der 23-jährige damals reumütig. 5000 Euro Strafe verhängte der DFB gegen den Hitzkopf.
Teammanager Oliver Bierhoff erklärte, Podolski habe seinen Eintrag in den Geschichtsbüchern mehr als verdient. „Mit Poldi verliert die Nationalmannschaft einen leidenschaftlichen Fußballer und riesigen Sympathieträger, der uns und den Fans im Nationaltrikot fehlen wird“, kommentierte Bierhoff und schloss: „Danke und tschö', Poldi!
Sprüche für die Ewigkeit:
„Jetzt müssen wir die Köpfe hochkrempeln. Und die Ärmel natürlich auch.“
(Lukas Podolski 2006 zur Abstiegsgefahr seines Clubs 1. FC Köln)
„So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere.“
(Nach dem 0:2 im WM-Halbfinale gegen Italien. Zum Fußballspruch des Jahres 2006 gewählt)
„Ich denke nicht vor dem Tor. Das mache ich nie.“
(Bei der WM 2006 auf einer Pressekonferenz auf die Frage, ob er vielleicht deshalb nicht mehr trifft, weil er vor dem Tor zu viel nachdenkt.)
„80 Prozent von euch und ich kraulen sich auch mal an den Eiern. Von daher ist alles gut.“
(Bei der EM 2016 angesprochen auf den Griff von Bundestrainer Joachim Löw in die Hose)
„Das Gute an England ist: wir haben viele englische Wochen.“
(Podolski während seiner Zeit beim FC Arsenal. Nominiert für den Fußballspruch des Jahres 2015)