DFB-Elf zu spät aufgewacht: 3:4 gegen US-Team
Washington (dpa) - Am Ende stand nicht Joachim Löw, sondern Jürgen Klinsmann als strahlender Gewinner des Prestigeduells da: Mit einem enttäuschenden 3:4 (0:2) gegen die Auswahl der USA hat sich die deutsche Verlegenheitsnationalelf in die Ferien verabschiedet.
Erst in der Endphase der Partie vor 47 359 Zuschauern im Robert F. Kennedy Memorial Stadium von Washington fand das Team die nötige Einstellung und Konsequenz. Damit und durch Tore von Heiko Westermann (52. Minute), Max Kruse (79.) und Julian Draxler (81.) gelang es, die Niederlage in Grenzen zu halten. Durch kapitale Abwehrschnitzer waren die Gäste in Rückstand geraten. Jozy Altidore (13.), Marc-Andre ter Stegen (16.) mit einem Eigentor und Clint Dempsey (60./64.) schossen den insgesamt dritten US-Sieg im neunten Vergleich gegen Deutschland heraus.
„Das ist nicht der Abschluss, den wir uns vorgestellt haben. Wir sind froh, dass wir nicht 1:4 untergegangen sind, das wäre eine Blamage gewesen. Aber auch das 3:4 ist für unsere Ansprüche zu wenig“, sagte Max Kruse, der in seinem zweiten Länderspiel zu den Aktivposten zählte, im ZDF. Löw bescheinigte dem künftigen Gladbacher, sich „klasse eingefügt zu haben“. Teammanager Oliver Bierhoff nahm die Akteure nach der zweiten Saisonniederlage in Schutz: „Bei uns spürte man, dass einige Spieler am Ende der Saison platt waren. Wir haben das eine oder andere Geschenk an die Amerikaner verteilt.“
Vier Tage nach dem spielerisch beeindruckenden Auftritt gegen Ecuador bot die erneut zusammengewürfelte deutsche Mannschaft beim letzten Auftritt der Saison über weite Strecken Urlaubsfußball. Das Spiel gegen die von Jürgen Klinsmann gut eingestellten und hochmotivierten Amerikaner litt vor allem darunter, dass es dem Team nicht mehr gelang, die nötige Spannung aufzubauen. Miroslav Klose, der die Elf in seinem 127. Länderspiel als Kapitän aufs Feld führte, mühte sich vergeblich um sein 68. Tor im DFB-Trikot, mit dem er den Rekord von Gerd Müller eingestellt hätte.
Dem Gladbacher ter Stegen klebte auch in seinem dritten Länderspiel das Pech an den Torwarthandschuhen. Nachdem er schon im Vorjahr gegen die Schweiz und Argentinien insgesamt acht Gegentore hatte hinnehmen müssen, gab er auch in Washington eine denkbar unglückliche Figur ab. „Es ist bitter für einen so jungen Torhüter, wenn er einen solchen Fehler macht“, sagte Löw. Aber auch ter Stegens Vorderleute waren nicht immer im Bilde und kamen häufig einen Schritt zu spät. Allen voran der quirlige Altidore sorgte immer wieder für Verwirrung in der deutschen Defensive, in der mit Lars und Sven Bender erstmals seit Helmut und Erwin Kremers 1974 wieder ein Zwillingspaar in der Startelf auflief.
Während Klinsmanns Amerikaner den Test für die anstehenden Aufgaben in der WM-Qualifikation mit Elan und Leidenschaft angingen, startete die auf fünf Positionen veränderte deutsche Mannschaft bei schwülwarmem Wetter mit dosiertem Tempo. Dennoch bot sich der DFB-Auswahl die erste Chance des Spiels. Mertesacker setzte sich nach Marcell Jansens Zuspiel im Strafraum energisch gegen DaMarcus Beasley durch, unterstrich aber mit schwachem Abschluss aus sechs Metern, dass er kein Torjäger ist (11.).
Dann nahm auf der Gegenseite das Unheil seinen Lauf: Mertesacker war bei einer Flanke der US-Boys überhaupt nicht im Bilde und ließ Altidore ungehindert zum 1:0 einschießen. Nur drei Minuten später kassierte die DFB-Elf eines der kuriosesten Gegentore ihrer Länderspiel-Geschichte. Ter Stegen konnte einen harmlosen Rückpass von Benedikt Höwedes nicht kontrollieren und lenkte den Ball zum Entsetzen von Trainer und Mitspielern ins eigene Tor. Einen so schnellen 0:2-Rückstand hatte die deutsche Mannschaft zuletzt am 1. März 2006 bei der 1:4-Niederlage in Italien hinnehmen müssen.
Nachdem Andre Schürrle in der 19. Minute nach schönem Solo knapp an der langen Torecke vorbeigeschossen hatte, verhinderte Unglücksrabe ter Stegen auf der anderen Seite mit schöner Parade den dritten US-Treffer durch Dempsey (20.).
Mit der Einwechslung von Kruse gewann das Offensivspiel mit Beginn der zweiten Halbzeit an Struktur. Der Noch-Freiburger war mit einer Ecke auch Ausgangspunkt des 2:1, das Westermann per Kopf erzielte. Doch die Hoffnung auf eine Wende währte nur acht Minuten, danach stellte der sträflich freistehende Dempsey mit einem satten Schuss den alten Abstand wieder her. In der 64. Minute gelang dem Angreifer von Tottenham Hotspur mit einem sehenswerten 18 Meter-Schuss in den Winkel sogar das 4:1.
Erst in der Schlussviertelstunde stemmte sich die deutsche Mannschaft energisch gegen die drohende Blamage und kam durch die Premierentreffer von Kruse und Draxler noch zu einer Resultatsverbesserung. Am Ende schien sogar das 4:4 möglich.