FC Bayern ohne Dante und Luiz Gustavo im Pokalfinale
München (dpa) - Karl-Heinz Rummenigge erlebte Dante und Luiz Gustavo „todtraurig“ - nach einem finalen Gespräch strich Trainer Jupp Heynckes die beiden Brasilianer aus seinem Aufgebot für das DFB-Pokal-Endspiel.
Statt am Samstag mit den Teamkollegen vom FC Bayern gegen den VfB Stuttgart das historische Triple anzustreben, müssen die beiden Defensivprofis auf Geheiß des brasilianischen Fußballverbandes noch davor zur Vorbereitung auf den Confederations Cup zurück in die Heimat. „Man hat den klaren Eindruck, dass da eine Art Psycho-Terror auf die beiden ausgeübt wird“, kritisierte der verärgerte, wenngleich äußerlich gefasste Bayern-Vorstandschef Rummenigge am Donnerstag, als die Spieler nach einer kurzen Verabschiedung von den Teamkollegen nach Südamerika aufbrachen. Nun wolle man ohne sie fürs Triple „alles in die Waagschale“ werfen.
Die brasilianischen Verantwortlichen hätten Dante und Luiz Gustavo den Eindruck vermittelt, dass ihre Nationalmannschaftskarrieren beendet seien, wenn sie nicht rechtzeitig zurückkehrten, klagte Rummenigge. „Was das bei Brasilianern und ihrem Verhältnis zur Nationalmannschaft bedeutet, kann man sich vorstellen. Ich finde den Druck unmenschlich, ein Stück skrupellos und ein Stück unfair.“
Das Münchner Dilemma offenbare zudem einen Planungsfehler des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit seinem Termin für das Cup-Endspiel am Samstag in Berlin, sagte Rummenigge. Der Verband konterte prompt: „Fakt ist, dass wir die Terminierung des Pokalfinales im Präsidium und im Ligavorstand ausgiebig diskutiert und dann gemeinsam beschlossen haben“, sagte Generalsekretär Helmut Sandrock. Man habe darauf vertraut, dass im Fall der Fälle immer eine Einigung mit dem betreffenden Nationalverband möglich sei. „Dass sich die Brasilianer so stur stellen, ist für uns absolut nicht nachvollziehbar.“
Die Verantwortlichen der brasilianischen Nationalmannschaft beriefen sich auf die Statuten des Weltverbandes FIFA - und haben formal zum Leidwesen der Bayern auch Recht: Laut Reglement müssen Nationalspieler 14 Tage vor dem ersten Spiel eines internationalen Turniers ihrem Team zur Verfügung stehen. Brasilien bestreitet am 15. Juni in Brasilia gegen Japan das Eröffnungsspiel des WM-Testlaufs; die Münchner Profis hätten demnach spätestens am Samstag im Vorbereitungscamp der Seleção in Rio de Janeiro eintreffen müssen. Sonst, so die Drohung des Verbandes, würden die beiden nicht nur aus dem Confed-Cup-Kader (15. bis 30. Juni) fliegen, sondern obendrein ihre WM-Teilnahme 2014 gefährden.
Brasiliens Sportdirektor Carlos Alberto Parreira hatte offen damit gedroht, die Profis kommendes Jahr nicht zu berücksichtigen, wenn sie jetzt nicht rechtzeitig in die Heimat kämen. Abseits der FIFA-Regularien habe man sich mit dem Verband nicht einigen können, so Rummenigge. „Über Sinn und Unsinn der FIFA-Regelung gibt es keine zwei Meinungen“, sagte der Vorstandschef. Im schlimmsten Fall aber, führte Rummenigge aus, sei im Fall einer Abstellungsverweigerung sogar die Aberkennung eines eventuellen Pokalsieges möglich gewesen.
„Wenn das Nichterscheinen als Konsequenz das Aus der Nationalmannschaftskarriere gewesen wäre, dann wären wir unmenschlich gewesen“, sagte Rummenigge. Als „absoluten Wahnsinn“ bezeichnete Bastian Schweinsteiger den Vorgang, der Daniel van Buyten nun einen Platz in der Startelf des Pokalfinales gegen den VfB Stuttgart beschert. „Auch wenn wir auf die zwei Spieler verzichten müssen: Wir gehen da mit dem großen Willen nach Berlin, das Triple zu gewinnen“, erklärte Rummenigge. „Die beiden Spieler werden das leider in Rio am Fernseher verfolgen müssen.“ Auch die große Trophäen-Party am Sonntag mit Hunderttausenden Fans können sie nur aus der Ferne miterleben.
„Ein Spieler arbeitet das ganze Jahr darauf hin, um in so einem Finale zu stehen“, sagte Schweinsteiger. Luiz Gustavo habe in dieser Saison „einen super Job“ gemacht, Dante sei „absoluter Leistungsträger und Führungsspieler“. Eine „blöde Situation“ für beide, urteilte Torhüter Manuel Neuer. „Die Bestrafung gilt den beiden Spielern.“ Dem FC Bayern täten die Ausfälle „weh“.
Schadensersatz möchte Rummenigge nirgendwo einfordern. „Erstmal hoffe ich, dass kein Schaden entsteht“, erklärte der Vorstandschef in der Hoffnung, dass der FCB das erste Triple eines deutschen Fußball-Bundesligisten auch ohne die beiden Brasilianer einfährt. Auch für den DFB sei die Terminierung von der Masse an Spielen „schwierig in einer Zeit, in der die Fußballkalender überfrachtet sind mit Spielen und Länderspielen“, merkte Rummenigge an.
Der Deutsche Fußball-Bund hat derweil das Verhalten des brasilianischen Verbandes im Abstellungsstreit kritisiert und gleichzeitig eine Mitschuld an dieser Auseinandersetzung von sich gewiesen. „Fakt ist, dass wir die Terminierung des Pokalfinales im Präsidium und im Ligavorstand ausgiebig diskutiert und dann gemeinsam beschlossen haben. Dabei haben wir alle immer auch darauf vertraut, dass wie in der Vergangenheit oftmals praktiziert in Einzelfällen eine Einigung mit dem Nationalverband gefunden wird“, erklärte DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock. „Dass sich die Brasilianer so stur stellen, ist für uns absolut nicht nachvollziehbar.“
Ebenfalls am Confed Cup soll auch Bayern-Defensivstratege Javi Martínez teilnehmen. In diesem Fall aber gibt es keinen Ärger mit dem spanischen Verband. Wohl auch deshalb, weil in der spanischen Liga am Wochenende erst noch der letzte reguläre Spieltag ansteht.