Sammer: Bayern können sich von Fußball-Größen abheben
München (dpa) - Nach dem berauschenden Triumpherlebnis von London und zwei Tagen Dauerparty sind die bayerischen Triple-Jäger auf den Trainingsplatz zurückgekehrt.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit traten die frischgebackenen Champions-League-Sieger erstmals wieder gegen den Ball, die Vorbereitung aufs Pokalfinale gegen den VfB Stuttgart ist offiziell angelaufen. Und mit ihr wächst auch die Anspannung: Geschichte soll geschrieben werden. „Es ist viel, viel mehr als ein Pokalfinale am Samstag - viel mehr für die Spieler, viel mehr für den Club“, sagte Sportchef Matthias Sammer.
Der fünfte Königsklassen-Henkelpott der Vereinshistorie ist ebenso wie die Meisterschaft im Sack - nun können Bastian Schweinsteiger & Co. aus einer bereits goldenen Saison gar eine neue Ära deutscher Fußball-Historie einläuten. Denn ein Triple gelang noch nie einem Bundesligisten - nicht mal dem legendären Bayern-Ensemble um Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß und Gerd Müller in den 1970-er Jahren. „Wir sind emotional auf dem Höhepunkt mit diesem Champions-League-Titel. Aber das darf nicht dazu führen, jetzt im Pokalfinale eine historische Chance zu vergeben“, mahnte Sammer gewohnt deutlich.
Das Erfolgsteam könne sich von den heimischen Fußball-Größen der Vergangenheit abheben - und müsse am Samstag in Berlin deshalb auch einen „gewissen Egoismus gegenüber der Tradition und Vergangenheit des Clubs“ zeigen. Sammer nahm Stammkräfte wie Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Verteidiger Dante und Torwart Manuel Neuer in die Pflicht - mehr noch als technisch versierte „Individualisten“ wie Arjen Robben oder Franck Ribéry. „Die Führungsspieler müssen sich auch für die anderen mit verantwortlich fühlen und sagen: Diese historische Chance müssen wir jetzt beim Schopfe packen“, äußerte Sammer. Der Weg, dieses Quartett „in den Mittelpunkt zu stellen und ihm die Verantwortung zu übertragen“, sei der richtige gewesen.
Bei Sonnenschein und Temperaturen um 15 Grad waren die Profis am Vormittag erstmals seit dem Königsklassen-Triumph wieder auf den Trainingsplatz an der Säbener Straße getrabt. Hunderte Fans versuchten vergeblich, einen Blick auf ihre Stars zu erhaschen; mit Fotokameras postierten sie sich am mit roten Folien abgehängten Zaun auf der Suche nach irgendwelchen kleinen Lücken. Zu sehen gab es aber sowieso nicht allzu viel. „Heute war ein Tag, um ein bisschen reinzukommen“, sagte Arjen Robben, der die Bayern beim 2:1 gegen Borussia Dortmund auf Europas Fußball-Thron geschossen hatte.
Der Niederländer selbst regenerierte nach ausschweifenden Sausen noch ein wenig und absolvierte lediglich eine Trainingseinheit auf dem Fahrrad. Auch seine Teamkollegen hatten offenbar noch mit den Partynachwirkungen der vergangenen Tage zu kämpfen. „Ich habe gehört, im Mannschaftstraining war heute nicht die höchste Qualität. Aber das ist glaube ich auch normal“, scherzte Flügelflitzer Robben.
Die Stimmung bei den Bayern ist zurzeit wahrlich märchenhaft. Mit einem Honigkuchenlächeln präsentierte sich Robben den Reportern, Sammer sprach von „seligen und traumhaften Gefühlen“ - auch im Internet ebbten die Hochgefühle nur langsam ab. „Champions League Sieger 2013!!! Ein wirklich unglaubliches Gefühl!!!“, postete Jérôme Boateng nochmals auf Facebook, während Thomas Müller schon Stuttgart ins Visier nahm. „Heute hat uns wieder der Alltag. Am Samstag wollen wir ja schließlich auch noch einen anderen Pott in die Höhe stemmen.“
Dienstags-Radler Robben meinte: „Zusammen haben wir das Ziel, auch diesen Titel zu gewinnen und in die Geschichte einzugehen. Wir sind uns bewusst, dass das noch keine deutsche Mannschaft geschafft hat.“
Klappt es mit dem dritten großen Titel, können sich die Bayern am Sonntagvormittag im Flieger von Berlin zurück nach München auf eine heiße Party einrichten. Im Doppeldecker-Bus geht's von Schwabing aus zum Marienplatz, danach soll vor Zehntausenden auf dem Rathausbalkon gefeiert werden. Vielleicht kommt ja aller düsteren Wetterprognosen zum Trotz sogar die Sonne wieder heraus. „Der FC Bayern ist ein Stern am Fußball-Himmel“, stellte Chefberater Paul Breitner bereits fest.