Kein Happy End für Klopp: „Sieg wäre zu kitschig gewesen“
Berlin (dpa) - Diesmal flossen keine Tränen. Anders als noch beim höchst emotionalen Lebewohl von Jürgen Klopp eine Woche zuvor im Dortmunder Stadion hielt sich der Trennungsschmerz im stylischen Ambiente der Berliner Location „Kraftwerk“ in Grenzen.
Das 1:3 (1:3) im Pokalfinale gegen Wolfsburg wenige Stunden zuvor war allen Gästen der „Schwarzgelben Nacht“ mächtig aufs Gemüt geschlagen. Selbst bei der Rede des scheidenden Trainers an die Edelfans blieben Jubelstürme aus. „Man hat mir gesagt, dass es vielleicht zu kitschig gewesen wäre, wenn wir zum Abschied gewonnen hätten - zu sehr American Style“, kommentierte Klopp mit gequältem Lächeln.
Der Traum vom Happy End mit einer umjubelten LKW-Fahrt rund um die Dortmunder Kultstätte Borsigplatz ging für Klopp nicht in Erfüllung. Nach der Landung auf dem heimischen Flughafen standen nur wenige Schaulustige bereit, um einen letzten Blick auf den BVB-Kulttrainer zu werfen. Viel gab es für sie jedoch nicht zu sehen. Denn der nahe der Landebahn wartende Mannschaftsbus brachte die Profis und den Coach auf direktem Weg zum Trainingsgelände. Dort packte Klopp ein letztes Mal seine Sachen.
Nach der dritten Pleite im vierten Endspiel unter der Regie von Klopp verspürte auch am Vorabend niemand große Lust auf eine rauschende Party. An der großen Zuneigung für den Coach änderte die verdiente Niederlage jedoch nichts. Die lange und innige Umarmung von BVB-Präsident Reinhard Rauball mit Klopp war Ausdruck tiefer Dankbarkeit. „Du bist in einer schweren Zeit zu uns gekommen und hast uns den Glauben zurückgegeben“, sagte Hans-Joachim Watzke und überreichte Klopp neben einer Abbildung von der „Kathedrale des deutschen Fußballs“ drei Dauerkarten für die BVB-Heimstätte.
Mehr Qualen als die Rede bereitete Klopp der Abschied von seinen Spielern. Jeden Einzelnen schloss er noch in der Kabine des Olympiastadions in die Arme, um für die Zusammenarbeit zu danken: „Das tat extrem weh. Da habe ich gemerkt, wie schwer es fällt loszulassen. Es waren sieben wunder-, wunder-, wunderschöne Jahre.“ Vergeblich versuchte der Coach, seine geknickten Profis nach der Niederlage wieder aufzurichten: „Platz zwei bei Olympia fühlt sich besser an als im DFB-Pokal. In solchen Situationen kann dich nichts trösten.“
Wohin es ihn in Zukunft zieht, bleibt vorerst offen. Nach eigener Aussage hat Klopp noch mit keinem anderen Club verhandelt. Er sorgt sich nicht, dass sich ohne seinen geliebten Fußball ganz schnell eine große Leere breitmachen könnte: „Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie Leere verspürt. Mein Kopf ist eher immer zu voll.“
Für die Borussia wird es nun darauf ankommen, möglichst schnell die Trauer um den Klopp-Abschied zu überwinden. Wolfsburgs Sportchef Klaus Allofs konnte sich einen verbalen Seitenhieb auf den Hype der vergangenen Tage nicht verkneifen: „Es ist erstaunlich, wie sehr man sich auf eine Geschichte fokussieren kann. Man kann ein Spiel auch emotional überladen, das hat Jürgen Klopp ja auch nicht gefallen.“
Nicht nur die BVB-Fans, sondern auch die Profis müssen sich nun an die Zeit nach Klopp und den baldigen Ruheständler Sebastian Kehl gewöhnen. „So richtig werden wir es merken, wenn wir Ende Juni wieder in der Kabine sitzen und die beiden sind nicht mehr da“, klagte Weltmeister Mats Hummels.
Dem Vernehmen nach wird Klopp-Nachfolger Thomas Tuchel Mitte der Woche in Dortmund offiziell vorgestellt, ehe es in die nur kurze Sommerpause geht. Ob Ilkay Gündogan danach noch dabei sein wird, darf jedoch bezweifelt werden. „Ich möchte nichts zu meiner Zukunft sagen“, antwortete der Nationalspieler ausweichend auf entsprechende Fragen, bestätigte aber Gespräche mit anderen Clubs. Unabhängig von seiner Entscheidung, ob er Dortmund schon in diesem Sommer oder erst zum Vertragsende 2016 verlässt, glaubt er an eine erfolgreiche Zukunft der Borussia. „Es gibt einen tollen Kader und es kommt ein sehr guter Trainer.“
Ähnlich zuversichtlich äußerte sich Reinhard Rauball: „Ich glaube, dass wir wieder stärker werden und in die Richtung marschieren wie in den Meisterjahren.“ Der Vereinspräsident hofft, dass mit Tuchel eine ähnlich erfolgreiche Ära beginnt. „Wir sollten ihm die Rückendeckung geben, die man jemandem geben muss, der in ein solch großes Paar Schuhe schlüpfen muss. Denn die hat Jürgen Klopp zweifellos hinterlassen.“