Lehrstunde für die Bayern: Dortmund schafft das Double
Berlin (dpa) - Borussia Dortmund hat den Traum vom ersten Double der Vereinsgeschichte wahr gemacht und Rekord-Champion Bayern München erneut gedemütigt.
Wie im Kampf um die Meisterschaft erwies sich der BVB auch im Berliner DFB-Pokalfinale als das bessere Team und gewann durch Tore von Shinji Kagawa (3. Minute), Mats Hummels (41./Foulelfmeter) und Robert Lewandowski (45.+1/58./81.) zum 5:2 (3:1) zum dritten Mal nach 1965 und 1989 den begehrten Pott. Mit dem Torfestival gegen den Rekord-Cupsieger stimmten sich die Westfalen zugleich auf die große Titelparty am Sonntag in Dortmund ein.
Als Kapitän Sebastian Kehl um 22.13 Uhr den Pokal aus den Händen von Bundespräsident Joachim Gauck entgegennahm, kannte der Jubel in Schwarz-Gelb keine Grenzen mehr. „Es ist wunderschön. 103 Jahre hat der Verein gebraucht, um das Double zu gewinnen. Das ist eine so emotionale Sache. Das ist unfassbar“, konstatierte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Vor 75 708 Zuschauern im ausverkauften Olympiastadion waren die Treffer von Arjen Robben (25./Foulelfmeter) und Franck Ribéry (75.) zu wenig für die in der Abwehr anfälligen Münchner, denen nach der Lektion durch den BVB nun sogar eine titellose Saison droht. Anstatt sich wie erhofft Selbstbewusstsein für das Champions League-Finale gegen den FC Chelsea am kommenden Samstag zu holen, gab es für die Bayern eine der höchsten Niederlagen ihrer Pokal-Historie.
„Wir dürfen uns nicht beklagen. Unser gesamtes Defensivverhalten war heute katastrophal. Man muss nüchtern feststellen, wir hatten den Sieg nicht verdient“, analysierte Trainer Jupp Heynckes bittere 90 Minuten. „Nächste Woche dürfen wir uns solche Fehler nicht erlauben“, stellte Kapitän Philipp Lahm fest.
Bundestrainer Joachim Löw meinte: „Ich hätte so ein Ergebnis nie erwartet. Vor allem wegen der zweiten Halbzeit war der Sieg verdient.“ FC-Bayern-Dribbler Arjen Robben sagte: „Wenn man 2:5 verliert, tut das weh. Ich habe keine Erklärung für dieses Spiel.“
Dortmund entwickelt sich für den FC Bayern immer mehr zu einem Schreckgespenst. Mit der Effektivität eines Champions nutzte der BVB wie schon bei den vier Pflichtspiel-Siegen zuvor seine Chancen eiskalt und deckte die Schwächen in der Münchner Abwehr eine Woche vor deren Saisonhöhepunkt schonungslos auf. Vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw agierte auch Nationalkeeper Manuel Neuer nicht fehlerfrei und trug Mitschuld an Lewandowskis drittem Tor.
Eine herausragende Rolle in dem in 150 Länder übertragenen Duell zwischen Meister und Vizemeister spielte der von englischen Clubs umworbene Japaner Kagawa. Unter den Augen von Manchester Uniteds Trainer Sir Alex Ferguson glänzte der 23-Jährige in seinem womöglich letzten Spiel für den BVB aus Torschütze und Vorbereiter.
Das hochklassige Gipfeltreffen des deutschen Fußballs begann mit einem Paukenschlag. Nach nicht einmal drei Minuten erlief Jakub Blaszczykowski einen verunglückten Rückpass von Luiz Gustavo und legte den Ball quer auf den mitgelaufenen Kagawa. Der Japaner traf unbedrängt zum 1:0.
Erst ein Foul von Roman Weidenfeller, der Mario Gomez bei seiner Abwehraktion von den Beinen holte, brachte die Münchner ins Spiel zurück. Robben verwandelte den von Schiedsrichter Peter Gagelmann verhängten Strafstoß diesmal sicher und besiegte sein Trauma. Bei der 0:1-Niederlage in Dortmund Mitte April hatte ein verschossener Elfmeter des Niederländers die Bayern um die Titelchance in der Bundesliga gebracht. Für die Borussen bedeutete das 1:1 zugleich den ersten Gegentreffer im DFB-Pokal in dieser Saison.
Das Ausgleichstor beflügelte die Bayern, die die bessere Spielanlage zeigten. Die Chance zum 2:1 vereitelte Hummels, der sich entschlossen in einen Schuss von Philipp Lahm warf (33.). Sekunden später war die Partie für Weidenfeller beendet. Der Borussen-Keeper, der bereits in der 8. Minute nach einem Zusammenprall mit Gomez hatte behandelt werden müssen, räumte seinen Platz wegen einer Rippenverletzung. Für ihn rückte der Australier Mitchell Langerak zwischen die Pfosten.
Mitten in die stärkste Phase des Champions-League-Finalisten hinein platzte die erneute Führung für die Westfalen. Nach Foul von Jerome Boateng an Blaszczykowski übernahm Hummels die Verantwortung und traf gegen Manuel Neuer zum 2:1. Der Nationalkeeper hatte die Ecke „gerochen“ und wäre fast am Ball gewesen. Wenig später war der von seinen Vorderleuten im Stich gelassene Neuer gegen den Treffer von Lewandowski völlig machtlos. Der Pole war von Kagawa brillant in Szene gesetzt worden.
Tonangebend blieben weiter die Westfalen, die ihren Gegner nach der Pause geradezu schulmäßig auskonterten. Nach einer Ballstafette über Kagawa und Kevin Großkreutz vollstreckte der freistehende Lewandowski sogar zum 4:1. Erst in Schlussphase rappelten sich die Bayern noch einmal auf und wurden durch Ribérys Einzelleistung zum 2:4 belohnt, doch als Neuer den Ball nicht festhalten konnte, war Lewandowski der Nutznießer und machte seinen Dreierpack perfekt.