Letztes Hurra in Schwarzgelb - Hummels: „Drucksituation“
Dortmund (dpa) - Noch einmal um den Borsigplatz! Mats Hummels träumt von einem rauschenden Abschied aus Dortmund. Am Tag nach dem Pokalfinale gegen den FC Bayern in Berlin will der Weltmeister eine umjubelte Runde um die Kultstätte des BVB drehen:
„Am liebsten auf einem Bus, bei einer achtstündigen Fahrt durch die Stadt“. In der Nacht zuvor würde er gern den Wunsch von Vereinspräsident Reinhard Rauball erfüllen, dass „Mats volltrunken mit dem Pokal im Arm einschläft“. „Das ist der Plan und wäre ein sehr schöner Schlussakt“, scherzte Hummels, „wenn es soweit kommt, frage ich, ob ich den Pokal mit auf mein Zimmer nehmen kann.“
Doch so locker wie es scheint, geht der Dortmunder Abwehrchef nicht in die Partie am Samstag (20.00 Uhr). Schließlich wird er künftig das Trikot des Gegners tragen. „Ich muss nicht lange darum herumreden, dass es für mich eine große Drucksituation wird“, gestand Hummels, „jeder Fehler wird seziert.“
Nicht zuletzt deshalb hat er sich für sein letztes schwarzgelbes Hurra nach achteinhalb Jahren viel vorgenommen: „Ich hoffe, dass es nach dem Spiel keinen Grund gibt, Sätze rauszuhauen, wie: Der hat nicht alles gegeben, der war gedanklich schon woanders.“ Hans-Joachim Watzke hat keine Zweifel, dass der Routinier die knifflige Aufgabe meistert. „Wer in Rio dem Druck gegen Argentinien standhält, der hält auch dem Druck in einem Pokalfinale stand. Mats ist keine 22 mehr. Um ihn mache ich mir null Komma null Gedanken“, sagte der BVB-Geschäftsführer dem „Kicker“.
Ähnliche Töne gab es selbst aus den Reihen des künftigen Arbeitgebers. „Ich kann ihm nur empfehlen, alles zu tun für den Club, bei dem er bis 30. Juni unter Vertrag steht. Das ist seine Aufgabe, seine Verpflichtung. Das ist Teil des Fair Plays im Fußball“, sagte Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge.
Ein Sieg könnte helfen, die Wogen zu glätten, die der bevorstehende Wechsel in Dortmund ausgelöst hat. Nach drei verlorenen Endspielen mit dem BVB in den vergangenen drei Jahren in der Champions League (2013) und im Pokal (2014 und 2015) verspürt Hummels große Sehnsucht: „Wir wollen nach langer titelloser Zeit endlich mal wieder einen Titel holen. Das ist für uns alle sehr wichtig.“ Besonders gern denkt der 27-Jährige an das denkwürdige 5:2 vor vier Jahren in Berlin gegen die Bayern zurück: „Das Gefühl ist unersetzlich, ein Finale zu gewinnen. Wir haben noch die schönen Bilder im Kopf von 2012.“
Sein Frust über die Unmutsbekundungen vieler Fans vor drei Wochen beim Spiel gegen Wolfsburg ist verflogen: „Ich kann verstehen, dass es sehr emotional war. Von dieser Emotionalität habe ich ja auch in den letzten Jahren profitiert. Dann muss man damit leben, wenn man auch mal ein bisschen Gegenwind bekommt.“ Mit Wohlwollen hat der BVB-Kapitän registriert, dass sich die meisten Anhänger des Revierclubs mittlerweile mit seinem Weggang arrangiert haben. Im Heimspiel gegen Köln blieben Pfiffe weitgehend aus.
Als Hauptgrund für seine Rückkehr zum FC Bayern machte Hummels die Bindung zur Stadt München geltend, in deren Nähe seine Eltern, Schwiegereltern und sein Bruder leben. Die bessere sportliche Perspektive tat ein übriges hinzu. Dennoch fiel ihm die Entscheidung schwer. Er selbst schlug eine Headline vor, die den 35-Millionen-Transfer nach seiner Einschätzung gut umschreibt: „Schade, aber nachvollziehbar - das ist die treffende Überschrift.“
Bei aller Vorfreude auf das Duell mit den Bayern würde sich Hummels ein Szenario jedoch gern ersparen: dass es nach 120 Minuten zu einem Elfmeterschießen kommt. Die Stirn in Falten erinnerte er an einen historischen Fehlschuss vom Punkt in einem Pokalfinale: „Ich weiß, da war 1984 Lothar Matthäus vor seinem Wechsel von Mönchengladbach nach München. Da liegen 20 Tonnen auf den Schultern.“