Pokalfinale als Prüfung für Klima im DFB-Team
Hamburg (dpa) - Die Hauptdarsteller selbst sehen kein Lagerdenken, sondern eine faire Rivalität: Anders als vor der EM 2012 empfindet Bundestrainer Joachim Löw den Umgang seiner Stars vom FC Bayern und von Borussia Dortmund als „völlig entspannt“.
Verlauf und Ausgang des brisanten DFB-Pokalfinales am Samstag im Berliner Olympiastadion könnten aber trotz aller freundschaftlichen Worte im Vorfeld das Binnenklima des deutschen WM-Teams auf den Prüfstand stellen. Auch wenn Löw in der WM-Saison schon betont hat, nicht mehr zwischen den Roten und Schwarz-Gelben vermitteln zu müssen.
„Nein, ganz im Gegenteil habe ich das Gefühl, dass sich die Spieler freuen, wenn sie sich bei uns sehen und gemeinsam für Deutschland spielen“, verriet Löw aus den Zusammenkünften im Kreise von Schwarz-Rot-Gold. „Da sitzen übrigens auch mal Dortmunder und Schalker Spieler gemeinsam am Tisch, da müsste die Kluft ja mindestens genauso groß sein.“ Man habe gemeinsame Ziele, die verbinden, führte der Bundestrainer aus: „Wenn wir uns mit der Nationalmannschaft treffen, gibt es kein Lagerdenken.“
Das war nicht immer so, etwa vor der EM 2012. „Da kamen ja nicht nur ein oder zwei Dortmunder, sondern vier oder fünf neu dazu. Und sie kamen als Double-Gewinner entsprechend selbstbewusst, während es die Bayern-Spieler nicht gewohnt waren, Titel zu verlieren. Da hat es naturgemäß etwas gedauert, bis das zusammengewachsen ist“, räumte der Bundestrainer kurz vor dem Fußball-Länderspiel am Dienstagabend gegen Polen im „kicker“ ein: „Mittlerweile ist es kein Thema mehr.“ Vor zwei Jahren hatten die Dortmunder Doublegewinner die Münchner im Pokalendspiel allerdings auch mit 5:2 wahrhaft gedemütigt.
Eine Rivalität sei das damals nicht gewesen, „aber mit Sicherheit eine andere Situation“, erklärte Oliver Bierhoff am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Der Nationalmannschaftsmanager erinnerte an die entscheidenden Niederlagen der Bayern gegen den BVB und den FC Chelsea sowie an die Unzufriedenheit einiger Auswahlkicker während der EM.
Dass das nahende Pokalduell diesmal ein Problemspiel für die Atmosphäre werden könnte, fürchtet Bierhoff nicht. „Die Spieler kennen sich jetzt über Jahre hinweg. Und selbst wenn auf dem Platz mal das eine oder andere Wort fällt oder auch der eine oder andere Zweikampf“, sei das danach kein Problem, berichtete der 46-Jährige und sieht in dem Pokalgipfel einen Vorteil auf dem Weg zur WM. „Für uns ist es natürlich gut, dass die Spieler bis zur letzten Sekunde der Saison den Tonus hochhalten und konzentriert sind.“
Die Einschätzung Bierhoffs zum Binnenklima bestätigte Manuel Neuer. Mittlerweile sei „eine faire Rivalität“ entstanden, erklärte der Nationaltorwart zum Start in die Pokalwoche. Anders als in den Chefetagen, wo sich mal Hans-Joachim Watzke und Karl Hopfner, mal Jürgen Klopp und Matthias Sammer beharkten, sei das Miteinander der Spieler gut. „Wir sind ja die Sportsleute und Protagonisten und stehen auf dem Platz“, schilderte Neuer - und lächelte. „Wir benehmen uns ja ganz gut, glaube ich, wir sind die Vorbilder für andere.“
Und gegenseitig zum Teil Konkurrenten. So kämpfen etwa der Münchner Jérôme Boateng und der Dortmunder Mats Hummels um einen Platz in der Innenverteidigung. BVB-Topmann Marco Reus muss sich gleich mit mehreren Bayern-Bewerbern im Duell um einen Platz in der Offensive behaupten. Das Kandidaten-Casting der Perspektivspieler beim Länderspiel in Hamburg gegen Polen brauchte im Wettkampf um eine WM-Position keiner der Topstars fürchten.
Dort fehlten die sieben Bayern und sechs Dortmunder aus dem erweiterten WM-Kader, weil sie mitten in ihrem Countdown für den erwarteten Schlager um den Pott stehen. „Ich möchte da schon von allen sehen, dass sie diese Titelchance unbedingt wahrnehmen wollen und um den Pokal fighten“, erklärte Löw. „Ich hoffe, dass da im positiven Sinne die Fetzen fliegen und es ein umkämpftes, spektakuläres Spiel wird.“ Und der Ausgang? Der ist zumindest Oliver Bierhoff egal: „Ich kann beidem etwas Positives abgewinnen.“