Nationalmannschaft Goretzka und Reus heben bei Deutschland das Niveau - Die Spieler in der Einzelkritik

Wolfsburg · Die deutsche Nationalmannschaft ist nach dem Umbruch durch Trainer Jogi Löw durchwachsen ins Länderspieljahr gestartet. Die zweite Hälfte gegen Serbien macht jedoch Mut, besonders dank zweier Akteure.

Deutschlands Leon Goretzka (r) bejubelt sein Tor zum 1:1 mit Marco Reus.

Foto: dpa/Swen Pförtner

Manuel Neuer: Durfte eine Halbzeit ran, kassierte ein Gegentor, das er nicht verhindern konnte, und machte dann Platz für Marc André ter Stegen. Neuer wird auch am Sonntag im EM-Qualifikationsspiel in den Niederlanden spielen, auch wenn sich eine Mehrheit der Deutschen ter Stegen im Tor wünschen soll. Aber: Neuer ist Löws Kapitän. Er schätzt ihn. Und er will ihn als Ruhepol. Nur Neuer selbst kann dieses Vertrauen erschüttern.

Marcel Halstenberg: Unglücklich agierte der Leipziger beim Gegentreffer, als er seinen Gegenspieler anköpfte, auch danach noch das ein oder andere Mal auf der linken Seite überlaufen. Er hat sich so überhaupt nicht empfohlen. Nico Schulz und Jonas Hector dürfen aufatmen.

Niklas Süle: Wirkt ob Statur immer etwas behäbig und ist es eher selten, war es aber gestern zur Unzeit, weil es ja eigentlich galt, Hummels und Boateng vergessen zu lassen. Ist ihm nicht gelungen, auf der Tribüne flüsterte mancher, dass das schlechter niemand der Aussortierten hätte gemacht.

Jonathan Tah: Wirkte erst nervös, wurde dann aber etwas sicherer, auch weil die Serben zu weniger Entlastung kamen. Tah ist einer von denen, die jetzt schnell wachsen müssen. Lang ist er ja schon, groß kann er noch werden. Auf ihn kommt es an.

Lukas Klostermann: Erscheint noch etwas unscheinbar und blass, hat aber in der Abwehr vor der Pause ein ziemlich sicheres Gegentor in letzter Sekunde verhindert und vor der Pause einen der wenigen tollen Pässe in die Spitze gespielt. Werner nutzte ihn nicht.

Joshua Kimmich: Versuchte sich abklatschend als Aufbauhelfer für junge Kollegen, dabei ist er selbst erst 24. Spielt in der DFB-Elf weiter auf der Sechs und nicht wie beim FC Bayern als Außenverteidiger, weil Löw ihn dort: braucht. Agierte ordentlich, kann es aber noch dominanter.

Ilkay Gündogan: Schwierig. Gündogan und DFB, da ist viel Luft nach oben. Ist immer gehemmt, bringt trotz herausragender Passqualitäten keine Dynamik ins Spiel, ist oft auch unsichtbar. Durfte dann in der zweiten Halbzeit Kapitän einer Mannschaft sein, die sich noch lange wird suchen müssen. Wie Gündogan sich eben auch. Passte also. Musste das 1:1 machen (65.) - es war die beste deutsche Chance.

Kai Havertz: Zur Pause raus, für ihn kam Reus. Bis dahin kaum Signale von dem 19 Jahre alten Hoffnungsträger, diese Hoffnung erfüllen zu können. Havertz kann es eigentlich, aber er hat es in Wolfsburg ziemlich unelegant verhüllt. Aber er ist ja noch jung.

Leroy Sane: in der 35. Minute schoss Sane einen Dropkick zentral vor dem Tor ins Seitenaus. Die kleine Extravaganz aus dem Klamottenfach vom Montag inklusive war es noch kein Neubeginn für den Man City-Star. Wurde aber viel, viel besser, als Reus neben ihm spielte und also nicht mehr so viel Verantwortung auf Sane lastete.

Julian Brandt: Sein Leverkusener Trainer Peter Bosz hat gesagt, Brandt müsse als starker Fußballer oft den Ball haben. Hatte er auch gestern, nur wusste er damit nichts Sinnvolles anzufangen. Spielte zwischen übereifrig und lustlos die ganze Palette ab. Braucht jetzt schnell mal Erfolgserlebnisse in der DFB-Elf.

Timo Werner: Hübsch schnell unterwegs, aber kein Vollstrecker. Hatte zwei richtig gute Chancen und scheiterte an dem starken Dmitrovic im serbischen Tor. Danach unsichtbar. Das Problem: Wenn Werner nicht der Vollstrecker im Team sein kann, wer bitte dann?

Marco Reus und Leon Goretzka: Kamen in der zweiten Halbzeit und waren mit Zielstrebigkeit und Rafinesse die leidlichen Retter eines bis dahin elendigen deutschen Fußball-Abends. Beide hoben das deutsche Niveau deutlich an, das 1:1 fiel nach der Kombination Reus-Goretzka.