Blaszczykowski stiehlt Lewandowski bislang die Show

La Baule-Escoublac/Marseille (dpa) - Der eine glänzt, der andere leidet: Vor dem Viertelfinale gegen Cristiano Ronaldos Portugiesen diskutiert halb Fußball-Polen über den glück- und torlosen Robert Lewandowski.

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Nicht nur, dass der geknickte Bayern-Profi auch nach vier EM-Spielen noch nicht getroffen hat. Der Bundesliga-Torschützenkönig muss es zudem ertragen, dass ausgerechnet Jakub Blaszczykowski bislang für die polnischen Glanzpunkte bei der Europameisterschaft in Frankreich sorgt. Der Mittelfeldspieler galt zu gemeinsamen BVB-Zeiten nicht gerade als sein innigster Freund.

Während polnische Medien von den „Leiden des Robert Lewandowski“ und einer „EM-Tortur“ des Münchner Angreifers berichten, schieben sich seine Mitspieler ins Rampenlicht und das Interesse der Öffentlichkeit. Wenige Tage vor dem Duell mit Portugal am Donnerstag (20.00 Uhr) in Marseille wählte der polnische Verband für seine Video-Rubrik auf der Homepage nicht Lewandowski als Protagonisten aus, sondern den von allen nur Kuba genannten Blaszczykowski.

Beim AC Florenz hat der 30-Jährige eine bescheidene Saison gespielt, Interviews gibt er zur Zeit selten bis nie. Im Fan-TV „Laczy na pilka“ („Der Ball verbindet uns“) kündigte er vor dem Portugal-Spiel an: „Um meine Träume kämpfe ich mit aller Kraft.“ Möglicher individueller Überhöhung aber beugt er vor. „Ich bin nicht der Star des Teams. Wir sind eine Mannschaft“, betonte Blaszczykowski.

Im letzten Gruppenspiel gegen die Ukraine in Marseille erzielte Blaszczykowski gerade einmal acht Minuten nach seiner Pausen-Einwechslung den 1:0-Siegtreffer. Im Achtelfinale gegen die Schweiz brachte er seine Mannschaft mit seinem zweiten Turniertreffer in der 39. Minute in Führung und zeigte sich auch im Elfmeterschießen treffsicher. „Einige hatten tatsächlich in Gedanken schon einen Schlussstrich unter seine Nationalmannschaftskarriere gezogen. Kuba hat es allen gezeigt“, sagte BVB-Profi Lukasz Piszczek dem „Kicker“.

Das will er in der kommenden Saison wohl auch wieder in Dortmund tun. Der an Florenz Ausgeliehene und bei der EM plötzlich Aufblühende will unter der Regie von Thomas Tuchel einen neuen Anlauf an alter Wirkungsstätte nehmen. Vorher aber will Blaszczykowski auch gegen Ronaldo & Co. seinen Teil dazu beitragen, die Fans in der polnischen Heimat weiterhin zu verzücken. Während des Achtelfinals gegen die Schweiz waren die Straßen völlig leer gefegt, an Spieltagen sitzen städtische Busfahrer im rot-weißen Fantrikot hinter dem Steuer. Unzählige Autofahrer haben Fahnen aus den Fenstern hängen - was selbst vor vier Jahren bei der Heim-EM nicht so ausgeprägt war.

Gegen die zwar favorisierten, aber bislang keineswegs übermächtig auftretenden Portugiesen wollen die Polen erstmals seit der WM 1982 in Spanien wieder die Vorschlussrunde bei einem großen Turnier erreichen. „Wir haben Geschichte geschrieben“, sagte Piszczek über den erstmaligen Einzug in ein EM-Viertelfinale. „Aber es geht noch mehr. Wir sind jedenfalls weiter hungrig. Es wäre das Größte, wenn wir jetzt auch noch die nächste Runde überstehen würden.“