Brandt, Sané, Kimmich und Weigl greifen an
Berlin (dpa) - Spätestens nach dem Weckruf des Bundestrainers dürften die jungen Wilden Julian Brandt, Joshua Kimmich, Julian Weigl und Leroy Sané sofort hellwach gewesen sein.
Trainingslager statt Urlaub, Europameisterschaft statt Olympia - so lautet seit Dienstag die tolle Perspektive für das Youngster-Quartett, das Joachim Löw in Berlin in seinen vorläufigen EM-Kader berief. „Der eine oder andere ist aus dem Bett geklingelt worden“, berichtete Löw scherzhaft über die Anrufe am Dienstagmorgen, in denen er die frohe Botschaft übermittelte.
Er habe die „wahnsinnige Freude“ der Fußball-Jungprofis durch das Telefon spüren können, bemerkte Löw. Einen Platz im endgültigen 23-Mann-Kader für das Turnier in Frankreich hat damit aber noch keines der Talente sicher, wie auch die zugeteilten Rückennummern 24 bis 27 verraten. Das Quartett soll zunächst den etablierten Spielern im Trainingslager in der Schweiz Dampf machen. „Sie wissen, dass sie hier sehr viel lernen können“, sagte Löw zurückhaltend.
JULIAN BRANDT (20 Jahre/Bayer 04 Leverkusen):
Der 20-Jährige war ein Geheimtipp. Er würde sich „einen Ast abfreuen“, wenn er mit ins Trainingslager dürfte, hatte Julian Brandt am vergangenen Wochenende gesagt. Neun Tore und fünf Vorlagen in 29 Ligaspielen waren seine Empfehlung, vor allem aber ein starker Endspurt. „Er hat einen guten Lauf“, betonte Löw. Die Vorzüge des offensiven Außenbahnspielers liegen auf der Hand: Brandt ist schnell, mutig, dribbelstark. Und er kann etwas, was Löw auch an Mario Götze so schätzt: „Er kann in engen Räumen sehr gut kombinieren.“
LEROY SANÉ (20 Jahre/FC Schalke 04):
Der Schalker hat den anderen drei Youngstern etwas voraus. Der 20 Jahre alte Senkrechtstarter hat schon ein Länderspiel bestritten. Das ging am 13. November 2015 in Paris beim 0:2 gegen Frankreich aber in der Nacht der Terroranschläge unter. „Sané hat außergewöhnliche Fähigkeiten“, schwärmte Löw damals wie nun wieder in Berlin. Der 20-Jährige sei unheimlich schnell und könne „besondere Sachen“, so Löw. In 33 von 34 Bundesligaspielen kam der Außenstürmer auf Schalke zum Einsatz. Er erzielte acht Tore. Zwischendrin fiel er - typisch für junge Aufsteiger - in ein Loch. Zuletzt war er wieder bärenstark.
JOSHUA KIMMICH (21 Jahre/FC Bayern München):
Wer im Starensemble des FC Bayern regelmäßig spielt, ist ein natürlicher EM-Kandidat. „Er hat es sich einfach verdient“, sagte Nationaltorhüter Manuel Neuer zur Nominierung seines Teamkollegen. Wie Löw in Berlin hob auch Neuer in München die Flexibilität des 21 Jahre alten Defensivspezialisten hervor. Pep Guardiola setzte Kimmich beim deutschen Meister im Mittelfeld, rechts hinten und sogar als Innenverteidiger ein. Die Vielseitigkeit spricht für Kimmich, seine Ballsicherheit, seine Abgeklärtheit in jungen Jahren. Und auch, dass er „bei Bayern auf hohem Niveau“ gespielt habe, wie Löw erläuterte.
JULIAN WEIGL (20 Jahre/Borussia Dortmund):
Vom EM-Ausfall seines verletzten BVB-Kollegen Ilkay Gündogan könnte ausgerechnet der 20-Jährige profitieren. Sein Aufstieg ist schwindelerregend. Für nur zwei Millionen Euro kam er aus der 2. Liga von 1860 München und startete in Dortmund unter Trainer Thomas Tuchel zum Leistungsträger durch. Nur drei BVB-Profis kamen auf mehr als seine 30 Bundesligaeinsätze. „Eine gute Rolle“ spiele Weigl bei der Borussia, lobte Löw, mit viel Übersicht und Ballsicherheit erledige er seinen Job. Löw zog den Dortmunder Pokalfinalisten im Mittelfeld immerhin schon mal einem Weltmeister wie Christoph Kramer vor.