Euphorie in der Slowakei - Haben „Skalp der Weltmeister!“
Bratislava (dpa) - Mittelfeldstar Marek Hamsik jubilierte noch in der Mixed-Zone über einen „historischen Sieg“ seiner Slowaken - und auch die wochenlang wenig enthusiastischen Medien kannten keine Zurückhaltung mehr.
„Die slowakischen Fußballer haben den Skalp der Weltmeister!“, schrieb die Tageszeitung „Pravda“ nach dem überraschenden 3:1-Erfolg des kleinen osteuropäischen Landes im EM-Test gegen die deutsche Nationalmannschaft. Das auflagenstarke Boulevardblatt „Novy Cas“ erkannte knapp zwei Wochen vor dem EM-Auftakt gar ein „ein kleines Wunder“ in Augsburg.
Rechtzeitig vor Turnier-Beginn sorgt das Erfolgserlebnis in der Slowakei für einen Euphorieschub, der im Eishockey-geprägten Land bisher gefehlt hatte; es wirkt als Hallo-wach-Effekt für eine ganze Nation kurz vor der ersten Endrundenteilnahme bei einer Fußball-EM. „Ich hätte nicht erwartet, dass das Duell mit so einem Sensationssieg enden wird. Dieser Triumph in Deutschland ist für uns sicher ein großer Anstoß vor der EM“, kommentierte Außenverteidiger Peter Pekarik von Hertha BSC, der es ebenso wie sein Kölner Bundesliga-Kollege Dusan Svento in den 23-köpfigen EM-Kader schaffte.
Beide gehörten am Montag erwartungsgemäß nicht zu dem Quartett, das Trainer Jan Kozak aus seinem vorläufigen Aufgebot wieder strich. Ins Team geschafft hat es auch der frühere Nürnberger Robert Mak. Nach einem letzten Test kommenden Samstag gegen Nordirland fliegen die Slowaken am 6. Juni nach Frankreich. Fünf Tage später steht in Bordeaux das erste Gruppenspiel gegen Wales an - ein möglicherweise schon vorentscheidendes im Kampf um den Achtelfinal-Einzug. Die weiteren slowakischen Vorrundengegner sind England und Russland.
Der Sieg gegen Deutschland stärke das Selbstbewusstsein, befand Coach Kozak. „Wir freuen uns riesig, aber wir bleiben mit den Füßen auf der Erde“, versprach auch Hamsik, der sich eine Dreiviertelstunde nach Abpfiff derart durchgestylt präsentierte, als sei er auf dem Weg zur nächsten Modenschau. Glitzernde Ohrringe, eine ausgefallene Designerbrille auf der Nase, der auffällige Irokesen-Haarschnitt frisch gegelt - abseits des Platzes stellt sich der Mann vom SSC Neapel liebend gerne in den Fokus. Doch auch sportlich ist er unverzichtbar. Mit klugen Pässen und Übersicht führte er die Regie im Mittelfeld, mit einem Kunsttor demonstrierte er seine Schussstärke.
Innerhalb von nur elf Spielminuten wurde die deutsche Mannschaft durch Tore von Hamsik (41.), Michael Duris (44.) und Juraj Kucka (52.) ausgeknockt. Dass der völlig durchnässte Rasen in der zweiten Halbzeit kaum noch als Erkenntnisgewinn für die EM taugte, trübte die Freude der Slowaken kaum. Dabei war es keineswegs der erste Sieg gegen einen vermeintlich übermächtigen Gegner in jüngerer Zeit.
In der EM-Qualifikation ließen die Osteuropäer durch einen umjubelten 2:1-Heimsieg über Spanien aufhorchen. Und dass die Slowaken auch bei großen Turnieren für Überraschungen sorgen könnten, bewiesen sie bei der WM 2010, als sie in der Gruppenphase Italien mit 3:2 besiegten und aus dem Wettbewerb warfen.
Die slowakischen Reaktionen zum Sieg gegen Deutschland:
Verteidiger PeterPekarik(Hertha BSC):
„Ich hätte nicht erwartet, dass das Duell mit so einem Sensationssieg enden wird. Dieser Triumph in Deutschland ist für uns sicher ein großer Anstoß vor der EM.“
Kapitän MartinSkrtel(FC Liverpool):
„So ein Sieg gelingt nicht jeden Tag.“
Torschütze MarekHamsik(SSCNeapel):
„Wir freuen uns riesig, aber wir bleiben mit den Füßen auf der Erde.“
Tageszeitung „Pravda“:
„Zuerst schlugen die Slowaken ein und dann die Blitze. Sie machten die Deutschen fertig. Die slowakischen Fußballer haben den Skalp der Weltmeister!“
Auflagenstärkste Tageszeitung „NovyCas“:
„Einfach fantastisch! Slowakei gewinnt gegen Fußball-Weltmeister. Den slowakischen Fußball-Nationalspielern gelang ein kleines Wunder.“
Internetportal „Sportky.sk“:
„Slowaken schaffen ein Husarenstück wie zuletzt nur Argentinien.“