Frankreich setzt auf Geschlossenheit gegen Island

Saint-Denis (dpa) - Die Équipe tricolore beschwört vor dem EM-Viertelfinale den eigenen Teamgeist, die sensationellen Wikinger sehen sich aber gerade beim mannschaftlichen Zusammenhalt im Vorteil.

Frankreich setzt auf Geschlossenheit gegen Island
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„Unser Team kennt seine Identität, und danach spielen wir auch“, sagte Islands Trainer Heimir Hallgrímsson vor dem EM-Viertelfinale am Sonntag (21.00 Uhr) in Saint-Denis. „Da können wir der französischen Mannschaft überlegen sein.“

Zuvor erklärte Frankreichs Kapitän Hugo Lloris, dass im Duell des Gastgebers mit dem Turnier-Debütanten, der Kopf und das Kollektiv entscheidend sein würden. „Es reicht nicht, eine große Nation zu sein und schönen Fußball zu spielen, um zu gewinnen“, betonte Frankreichs Keeper. „Wenn wir rausgehen mit dem Gefühl, wir haben mehr Talent, wir sind besser, dann wird das nicht funktionieren.“

Die individuelle Klasse spricht klar für das Team um Antoine Griezmann, Paul Pogba und Kingsley Coman. Dennoch sieht Islands Trainer Lars Lagerbäck sein Team nicht als den großen Außenseiter. „Im Fußball hast du immer eine realistische Chance. Sie sind der Favorit, aber ich würde sie nicht den großen Favoriten nennen“, erklärte der Schwede und bezifferte die prozentualen Siegchancen für Frankreich auf 60:40. Lagerbäcks gleichberechtigter Coachingpartner Hallgrímsson prognostizierte eine erneute Steigerung im „größten Spiel der isländischen Geschichte“: „Ich sage weiterhin, dass wir das beste Spiel von Island noch nicht gesehen haben.“

Schon im Achtelfinale gegen England hatten sich die Isländer in der Rolle des Underdogs äußerst wohl gefühlt. „Wir haben viel Respekt, ich und meine Spieler, vor dem, was Island erreicht hat“, betonte Trainer Didier Deschamps, der sich bei der Pressekonferenz im Stade de France erstmals zum Viertelfinalgegner äußerte: „Sie sind nicht zufällig da, wo sie sind.“

Nicht verraten wollte Deschamps, mit welchem System und mit welchen Spielern er das Sensations-Team schlagen und Frankreichs famose Serie von 16 Heimspielen bei EM oder WM ohne Niederlage ausbauen will. Als praktisch sicher gilt, dass Samuel Umtiti den gesperrten Adil Rami ersetzt und damit neben Laurent Koscielny zum ersten Mal in der französischen Fußball-Nationalmannschaft spielt.

Das 1,86 beziehungsweise 1,80 Meter große Verteidiger-Duo soll Kaiserslauterns 1,90-Mann Jón Dadi Bödvarsson sowie den 1,85 Meter großen Kolbeinn Sigthórsson aufhalten. Zwei athletische Stürmer mit Präsenz, bemerkte Deschamps: „Aber ich kann meine Spieler ja nicht größer machen.“

Im Mittelfeld könnte Coman in die Startelf rücken, wenn Deschamps im 4-2-3-1-System spielen lässt. Bleibt er beim 4-3-3, dürfte die Wahl auf Yohan Cabaye als Ersatz für den ebenfalls nicht spielberechtigten N'Golo Kanté fallen.

Die Isländer haben keinen Grund, bei ihrer EM-Premiere nicht zum fünften Mal in Serie mit derselben Elf zu starten. „Wir wissen, wie wir Tore erzielen. Es ist keine Wissenschaft, es ist einfacher Fußball“, erklärte Coach Hallgrímsson.

Besonders bei Standardsituationen sind die Isländer gefährlich. Deshalb hat sich Frankreich auf die gefährlichen Einwürfe eingestellt, bestätigte Deschamps. Er betonte aber: „Island besteht nicht nur aus langen Einwürfen.“

Wie schnell es trotz Favoritenstellung gegen einen vermeintlichen Außenseiter vorbei sein kann, zeigte auch der 3:1-Sieg der Waliser am Freitagabend gegen den französischen Nachbarn Belgien. „Persönlich und auch als Team brauchten wir das Ergebnis von Wales nicht, um vor jeder Mannschaft gewarnt zu sein“, betonte Lloris.