Frankreichs Strafe: Jetzt gegen Spanien

Kiew (dpa) - Franck Ribéry hat von einem verlorenen Champions-League-Finale bis hin zu einer kleinen Kabinenprügelei mit Arjen Robben schon viel erlebt in dieser Saison. Das 0:2 seiner Franzosen gegen Schweden machte aber selbst den Star des FC Bayern noch einmal um eine Erfahrung reicher.

Denn unmittelbar nach diesem EM-Spiel in Kiew wurde die Mannschaft, die längst ausgeschieden war, von ihren mehr als 10 000 Fans enthusiastisch gefeiert. Ribérys Franzosen dagegen, die gerade zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder die Vorrunde eines großen Turniers überstanden hatten, stapften enttäuscht und ernüchtert in die Kabine und zofften sich dort erst einmal ordentlich.

„Ja, es ging heiß her, aber nach dem Duschen hat es sich wieder abgekühlt“, bestätigte Trainer Laurent Blanc am Mittwoch. „Die Spieler haben gespürt, dass nicht jeder alles gegeben hat.“

Die Strafe für diese wahlweise als „demütigend“ („Le Figaro“) oder „beängstigend“ („Le Parisien“) eingestufte Leistung gegen den Gruppenletzten folgt nun am Samstagabend in Donezk: Dann muss Frankreich im Viertelfinale gegen den Titelverteidiger und Weltmeister Spanien antreten und nicht wie im Fall des so leichtfertig verspielten Gruppensieges gegen Italien.

„Es ist sehr schwer, Spanien zu schlagen. Wir treffen auf eines der besten Teams der Welt“, sagte der selbst am Dienstagabend sehr sachliche Trainer Laurent Blanc. Er weiß: „Wir müssen am Samstag einen besseren Level finden, als wir ihn heute erreicht haben.“

Die Blamage gegen Schweden hat bei seiner Mannschaft allerdings mehr kaputt gemacht als nur die Aussicht auf den Gruppensieg. So ideenlos und halbherzig, wie die Franzosen in Kiew auftraten, haben sie sich bei diesem Turnier erst einmal aus dem Kreis der Favoriten verabschiedet. Und so irritiert und teilweise schockiert, wie sich die Spieler danach gaben, haben sie an diesem Abend auch einiges von ihrem großen Selbstvertrauen verloren, das zuvor durch eine stolze Serie von 23 Spielen ohne Niederlage angewachsen war.

„Bis heute Abend haben wir gezeigt, dass wir ein starkes Team sind. Heute war das nicht zu erkennen“, sagte Kapitän Hugo Lloris. Die Fragen, die sich alle danach stellten, lauteten: Wie soll dieses Team nun gegen Spanien bestehen? Und wie konnte es zu einem solchen Einbruch nur vier Tage nach dem 2:0 gegen die Ukraine kommen?

Eine schlüssige Antwort darauf fand niemand. Verteidiger Gaël Clichy führte die Hitze und eine gewisse Müdigkeit nach drei Spielen in nur neun Tagen an. Blanc steht in der Kritik, weil er in Yohan Cabayé und Jeremy Menez ausgerechnet die beiden Torschützen aus dem Ukraine-Spiel auf der Bank gelassen hatte.

Und schließlich äußerte die Sportzeitung „L'Equipe“ den Verdacht, dass Ribéry, Lloris oder Karim Benzema zwar alles internationale Klasseleute, aber „keine Weltklassespieler“ seien. Kurz: Wer der Meinung war, dass diese Franzosen ein Titelkandidat seien, habe sie einfach überschätzt.

Nach einem Schlag auf die Ferse musste Ribéry einem Teamsprecher zufolge am Mittwochabend das Training abbrechen. Es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme. Wegen Knieproblemen fehlte zudem Samir Nasri.

Blanc will sich nun am Samstag die Kroaten zum Vorbild nehmen. „Sie haben gezeigt, was man gegen Spanien tun muss“, sagte er. Schwedens Anders Svensson rät den Franzosen, sich eher auf das Duell mit dem Weltmeister zu freuen, statt dem verpassten möglichen Halbfinale gegen Deutschland nachzutrauern. „Ich sehe nicht Spanien, sondern Deutschland als beste Mannschaft der Welt“, sagte er.