K.o. der EM-Gastgeber - Hält die Begeisterung an?

Die EM-Begeisterung der Polen hat sich nach dem vorzeitigen Aus ihrer Mannschaft etwas abgekühlt. Den K.o. der Ukraine wollen dortige Spitzenpolitiker nicht überbewerten. Das ist keine Tragödie, lautet der Tenor.

Wie geht es aber nun mit der Fußball-Stimmung weiter?

Warschau (dpa) - Es ist ruhiger und leerer geworden in den polnischen Fanzonen. Das EM-Aus des Co-Gastgebers hat Spuren hinterlassen. Ein ähnliches Szenario könnte sich nun auch nach dem K.o. des zweiten Ausrichters in der Ukraine abspielen. Doch ranghohe Politiker wiegeln ab. „Man sollte daraus keine Tragödie machen“, erklärte der ukrainische Regierungschef Nikolai Asarow am Mittwoch bei einer Regierungssitzung in Kiew.

Er lobte die Nationalmannschaft und bezeichnete das Turnier als Erfolg für das Land. Dem Team bescheinigte er nach dem 0:1 gegen England, es habe sich bis zum Schluss um den Sieg bemüht und sei ein Opfer von Pech und eines menschlichen Fehlers geworden.

Einen weiteren Abschied der ukrainischen Mannschaft von ihren Fans wird es aber nicht geben. „Die Spieler sind alle nach Hause gereist“, sagte Teamsprecher Alexander Glywinski. Die Mannschaft habe sich bereits in Donezk im Anschluss an die Partie für die Unterstützung bedankt. Die Profis von Schachtjor Donezk blieben in der ostukrainischen Stadt, zahlreiche Spieler wie der zurückgetretene Andrej Schewtschenko seien nach Kiew geflogen.

Die Ukraine habe der ganzen Welt gezeigt, dass sie die härtesten Aufgaben lösen könne, sagte Asarow. „Unser Land hat die Skeptiker und Feinde besiegt, die sich gewünscht haben, dass die großen Sportferien in der Ukraine scheitern.“

Die EM-Begeisterung in Polen und der Ukraine könnte für den weiteren Turnierverlauf dennoch einen herben Dämpfer erlitten haben. Blickt man aber in die Historie, muss dem nicht der Fall sein. 2008 flogen die Schweiz und Österreich ebenfalls in der Vorrunde raus. Doch der Stimmung tat dies keinen Abbruch, die Stadien blieben voll.

Interesse besteht in Polen und der Ukraine jedenfalls weiter. Spanien, Portugal und Deutschland - das sind die Namen, die besonders häufig genannt werden, wenn von den alternativen Fußball-Lieblingen der Polen die Rede ist. In einer Umfrage der Zeitung „Przeglad Sportowy“ sagten 66 Prozent der Polen, sie wollten nun entweder Spanien oder Deutschland unterstützen.

Auf die in Polen geborenen deutschen Nationalspieler Lukas Podolski und Miroslav Klose richten sich nun viele Hoffnungen. Wie viel Sympathien sie in ihrer alten Heimat genießen, wurde etwa beim offenen Training der Nationalmannschaft deutlich, als tausende polnische Fans an Lukas Podolskis Geburtstag das traditionelle „Sto Lat“ (100 Jahre sollst du leben) anstimmten, um ihn zu feiern.

Kaum eine andere Mannschaft im Internet wird so heiß diskutiert wie die Truppe von Joachim Löw. „Wie kann man als Pole die Schwaben unterstützen? Ich bin jetzt für die slawischen Mannschaften“, ließ sich ein Fan im Forum des Rundfunksenders Interia vernehmen - „Szwab“ ist in Polen ein Schimpfwort für Deutsche.

Das Magazin „Polityka“ hingegen gab in seiner neuen Ausgabe seine eigene Antwort auf möglichen EM-Frust und widmete seine Titelseite den tausenden freiwilligen Helfern: „Hey - wir sind noch immer bei der EM dabei!“