Platinis schwerer EM-Sommer
Paris (dpa) - Für seinen 61. Geburtstag hatte Michel Platini die Qual der Wahl. Sollte er im Prinzenpark unweit seiner Pariser Wohnung im Schatten des Eiffelturms das letzte Gruppenspiel von Fußball-Weltmeister Deutschland gegen Nordirland schauen?
Oder lieber den letzten Gruppenauftritt von Titelverteidiger Spanien gegen Kroatien drei Stunden später in Bordeaux? Oder sogar beide Partien?
Einen möglichen abendlichen Hubschrauberflug quer durch das EM-Gastgeberland Frankreich kann sich die Europäische Fußball-Union (UEFA) am Dienstag nun sparen. Platini feiert seinen Geburtstag zwangsweise als Privatmann, von der Fußball-EM, seiner Fußball-EM, ist er weiter wegen der Ethiksperre ausgeschlossen.
Die UEFA hat nach wie vor keine klare Aussage getroffen, ob sie den gefallenen Ex-Chef Platini nun doch einladen will. Generalsekretär Theodore Theodoridis hatte das Thema kurz vor Turnierbeginn selbst wieder auf die Agenda gebracht, als er von einem Antwort-Schreiben der FIFA-Ethikkommission berichtete, wonach ein Besuch Platinis in EM-Stadien unter bestimmten Bedingungen erlaubt sei, sofern dieser nicht in Verbindung zur früheren Funktionärstätigkeit stehe.
Platini in einem EM-Stadion, am Rande der VIP-Tribüne? Auf den billigen Plätzen? Kaum vorstellbar. Und doch halten sich Gerüchte, dass der Chefarchitekt des auf 24 Teams aufgeblähten Turniers zum Halbfinale nach Marseille kommt, von dem die heimische Équipe Tricolore noch zwei Siege entfernt ist.
Vor der EM hatte Platinis Berater Jean-Christophe Alquier einen EM-Besuch seines Mandanten noch kategorisch ausgeschlossen. Im Süden des Landes werde Platini in seiner Villa die EM verfolgen, hieß es aus UEFA-Kreisen. Kommentare von ihm selbst gibt es nicht. Interviews würden auch gegen die Ethikauflagen verstoßen.
Platini war wegen einer dubiosen Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken durch Ex-Weltverbands-Chef Joseph Blatter aus dem Jahr 2011 zunächst für acht Jahre gesperrt worden. Anschließend wurde der Bann durch Urteile der FIFA-Berufungskommission und des Internationalen Sportgerichtshofs CAS auf letztlich vier Jahre reduziert. Platini will die Sperre vor ordentlichen Gerichten weiter anfechten. Seinen Posten als UEFA-Chef hatte er nach dem CAS-Urteil niedergelegt.