UEFA verteidigt neuen EM-Modus - weniger Tore als sonst
Paris (dpa) - Die umstrittene Aufstockung der Fußball-EM auf 24 Mannschaften und der damit verbundene komplizierte Modus sind aus Sicht der UEFA bisher ein voller Erfolg.
Alle Gruppen seien offen, er sei „extrem positiv überrascht“, sagte UEFA-Wettbewerbsdirektor Giorgio Marchetti am Montag in Paris. „Was die Spannung des Wettbewerbs angeht, könnte es nicht besser sein.“
Von den 24 Teams seien vor den Montagspielen erst vier für das Achtelfinale qualifiziert. „Ich erwarte ähnlich enge Spiele in der K.o-Phase“, sagte der Italiener. Trotz gestiegener Spannung verwies der Top-Funktionär darauf, dass bisher „deutlich“ weniger Tore als bei den vorangegangenen EM-Turnieren gefallen seien.
In den bisher 26 Spielen wurden in Frankreich 48 Tore geschossen. Bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine seien nach 24 Spielen bereits 60 Tore gefallen, sagte Marchetti. In Österreich und der Schweiz 2008 seien es 57 nach 24 Partien gewesen. 2008 und 2012 hatten jeweils noch 16 Teams am Turnier teilgenommen. Dass in Frankreich bisher deutlich weniger Tore fallen, könnte aus Marchettis Sicht mit der engen Leistungsdichte unter den Teams zusammenhängen.
Außerdem sei es hilfreich für alle Mannschaften, dass auch die vier besten Gruppendritten noch das Achtelfinale erreichen könnten. Das sei „hilfreich für alle Teams, im Wettbewerbsmodus zu bleiben“, sagte Marchetti. Ergebnis-Absprachen fürchtet er deswegen keine: „Ich denke, wir sind auf der sicheren Seite, weil viele Mannschaften einen Sieg brauchen.“
Spekulationen über eine notwendige Änderung des Turniermodus' im Falle eines Ausschlusses von Russland oder einem anderen Team lehnte die Europäische Fußball-Union weiter ab. „Wir wollen positiv denken. Und wir denken, wenn Russland und Kroatien sich für die K.o.-Runde qualifizieren sollten, werden sie auch dabei sein. Wir hoffen, es wird zu keinen weiteren Vorfällen kommen“, sagte Marchetti.
Nach wiederholten Ausschreitungen und rassistischen Äußerungen einiger Fans droht auch den Kroaten eine harte Strafe durch die UEFA. Am späten Montagnachmittag wollte die Disziplinarkommission darüber entscheiden. Sollte ein Team gestrichen werden, würden alle seine Ergebnisse gestrichen. Wie dann verfahren würde, ist unklar.
Hintergrund: Fair-Play-Wertung
Sollten bei den besten Gruppendritten, von denen nur vier weiterkommen können, mehrere Teams punkt- und torgleich sein, könnte als ein Kriterium auch die sogenannte Fair-Play-Wertung zur Anwendung kommen. Die Bewertung nimmt die jeweilige Match-Delegation der UEFA in Zusammenarbeit mit dem Schiedsrichter vor.
Wie sich die Wertung zusammensetzt, ist in den Turnierregularien der UEFA unter dem Annex C.5 geregelt:
C 5.1.) Gelbe und Rote Karten
Eine Gelbe Karte während des Turniers zählt einen Minuspunkt, für eine Rote Karte gibt es drei Minuspunkte. Für eine Gelb-Rote Karte gibt es ebenfalls drei Minuspunkte.
C 5.2.) Positives Spiel
Damit will die UEFA Spielweisen belohnen, die die Zuschauer begeistern. Beispielsweise offensives Spiel anstatt einer für die Fans langweiligen Mauertaktik. Ein Kriterium ist etwa die Anzahl der Torchancen, die kreiert wurden. Negativ ausgelegt werden Dinge wie Zeitspiel. Zur Belohnung kann es bis zu zehn Punkte geben.
C 5.3.) Respekt für den Gegner
Wie verhalte ich mich meinem Gegenspieler gegenüber? Diese Frage soll mit diesem Paragrafen behandelt werden. Für positives Verhalten kann es bis zu fünf Punkte geben; etwa wenn man einem verletzten Spieler der gegnerischen Mannschaft hilft.
C 5.4.) Respekt für das Schiedsrichter-Team
Auch hier kann sich ein Team maximal fünf und minimal einen Punkt verdienen. Viele Punkte gibt es, wenn zweifelhafte Entscheidungen der Unparteiischen ohne Protest akzeptiert werden. Generell sollten die Schiedsrichter „als Menschen“ respektiert werden, heißt es.
C 5.5.) Verhalten der Team-Offiziellen
Proteste oder lautstarke Beschwerden von Trainern, Co-Trainern oder anderen Offiziellen werden entsprechend negativ bewertet. Die ebenfalls maximal fünf zu vergebenen Punkte kann sich ein Trainerteam verdienen, wenn etwa beruhigend auf Spieler eingewirkt wird. Auch die angemessene Zusammenarbeit mit den Medien ist ein Kriterium.
C 5.6.) Fan-Verhalten
Bengalos, Feuerwerkskörper, Krawalle - wegen dieser Fan-Delikte ermittelt die UEFA bereits gegen zahlreiche Fußballverbände. Punkte für die Fair-Play-Wertung wird es für die entsprechenden Nationen dafür nicht gegeben haben. Auch hier werden maximal fünf Punkte vergeben, etwa für den Respekt des Publikums vor dem Gegner und dem Schiedsrichter. Friedliches Feiern und Singen wird auch einbezogen.