Portugal-Trainer über Wales: „überhaupt nicht überrascht“
Marcoussis (dpa) - Portugal gegen Wales, Cristiano Ronaldo gegen Gareth Bale: Halb Europa schaut ein wenig verwundert auf diese Konstellation im EM-Halbfinale. Für Portugals Trainer Fernando Santos gilt das aber nicht.
„Ich bin überhaupt nicht überrascht von Wales“, sagte er im portugiesischen EM-Quartier in Marcoussis. „Ich habe mich mit ihnen beschäftigt, aber ich habe dazu nicht belgische Zeitungen gelesen, sondern einen Beobachter hingeschickt.“ Dieses walisische Team spiele, „als gebe es kein morgen“, sagte er. „Sie geben alles auf dem Platz.“
Santos' süffisanter Hinweis auf die „belgischen Zeitungen“ war kein Zufall. Drei Tage vor dem wichtigen EM-Halbfinale am Mittwoch in Lyon sparte sich der erfahrene Coach so etwas wie eine pauschale Medienschelte. Zwischen den Zeilen machte er aber schon deutlich, was ihm alles nicht passt. Dass sich Cristiano Ronaldo und Co. seiner Meinung nach mehr Kritik für ihre Spielweise anhören müssten als Lob für das Erreichen der Runde der letzten Vier. Oder dass die Waliser vermeintlich immer noch niemand richtig ernst nehmen würde, obwohl sie am Freitag im Viertelfinale sogar die starken Belgier besiegten.
„Schaut doch nur auf die Qualifikation“, sagte Santos den portugiesischen Journalisten in Marcoussis. „Sie haben Belgien schon da geschlagen. Sie haben sehr starke Einzelspieler, sie sind sehr gut organisiert und sie haben einen Trainer, der ganz genau weiß, was gegen den jeweiligen Gegner zu tun ist.“
Die eigene Mannschaft verteidigte der 62-Jährige erneut gegen die Kritik aus dem In- und Ausland. Langweilige Spielweise? Noch kein einziger Sieg nach nur 90 Minuten? „Es geht doch hier nicht darum, ob man schön oder hässlich spielt“, meinte Santos. „Es geht darum, ob man noch hier ist oder schon wieder zu Hause. Natürlich weiß ich, dass wir uns noch steigern können und auch steigern müssen. Aber das einzige, was ich will, ist das Finale zu erreichen und zu gewinnen. Über den Rest will ich nichts wissen.“
Im Zentrum der öffentlichen Kritik steht Ronaldo, wie er ohnehin immer im Zentrum steht, wenn es um die Portugiesen geht. Nur ein überzeugendes EM-Spiel gegen Ungarn, danach wieder zwei schwache Auftritte in der K.o.-Runde gegen Kroatien und Polen: Bislang ist das noch nicht das Turnier des Superstars von Real Madrid. „Wir stehen im Halbfinale. Von jetzt an ist alles möglich“, sagte er selbst nach dem glücklichen Viertelfinal-Sieg gegen Polen. Santos dagegen sah sich am Wochenende wieder einmal gezwungen, seinen Kapitän in Schutz zu nehmen.
„Wenn Cristiano Ronaldo nicht trifft, heißt das nicht, dass er nicht gut spielt oder andere wichtige Dinge für uns tut“, meinte der Coach. „Als Kapitän ist Cristiano beispiellos. Er treibt uns an, er will gewinnen.“ Und eines sei auch klar: „Allein das Duell zwischen Ronaldo und Bale wird dieses Halbfinale nicht entscheiden.“