Tor von Lewandowski nur eine „Frage der Zeit“
Marseille (dpa) - Die Rückreise aus Marseille erwies sich für Robert Lewandowski und seine Polen nach dem erstmaligen Einzug in ein EM-Achtelfinale als etwas turbulent.
Wegen dichten Nebels musste der Flieger zum Flughafen Rennes umgeleitet werden. Erst mit rund eineinhalb Stunden Verspätung kamen die müden Fußballer in ihrem Stammquartier in La Baule an.
Zuvor hatte sich Lewandowski mit den für einen Stürmer unangenehmen Fragen nach der eigenen Ladehemmung konfrontieren lassen müssen. Doch der Top-Torjäger des FC Bayern und beste Torschütze der EM-Qualifikation lässt sich auch vom Verstreichen der Minuten ohne Treffer nicht aus der Ruhe bringen.
„Ich bin der Kapitän der polnischen Nationalmannschaft und für mich ist das wichtigste, was wir mit der ganzen Mannschaft machen und nicht ich individuell“, sagte Lewandowski in den Katakomben des Stade Vélodrome von Marseille nach dem 1:0 gegen die Ukraine. „Wenn ich in der Gruppenphase zwei, drei Tore schieße und wir sind weg“, dann bringe das ja nichts.
30 Bundesligatore erzielte der 27-Jährige in der vergangenen Saison für den FC Bayern, mit 13 Treffern schoss er Polen zur EM nach Frankreich. Doch im Nationaldress konnte Lewandowski letztmals am 11. Oktober beim 2:1 gegen Irland jubeln. 255 Tage ist das schon her. „Du kannst nicht 60 Spiele in der Saison machen und in jedem Spiel ein Tor schießen“, verteidigte sich Lewandowski. „Ich fühle mich gut.“
Sorgen muss sich der Ausnahmestürmer auch nicht wirklich machen. Denn wie kein Zweiter reibt sich der 79-malige Nationalspieler (34 Tore) für seine Teamkollegen auf. „Manchmal habe ich zwei, drei Spieler an mir dran, die ziehe ich mit und dann hat ein Mitspieler freie Bahn und kann ein Tor schießen“, erläuterte Lewandowski seine Rolle als spielstarker, moderner Angreifertyp.
Nicht den leisesten Zweifel an Lewandowski hat Nationaltrainer Adam Nawałka, der den Weltklassestürmer zum Kapitän gemacht hat. „Dass Lewandowski noch nicht getroffen hat, ist kein Problem. Er arbeitet sehr hart für das Team, ist unglaublich wichtig für diese Mannschaft“, betonte Nawałka. „Es ist nur eine Frage der Zeit, wann er trifft. Er erarbeitet sich viele Chancen. Ich denke, er wird im nächsten Spiel treffen.“
Skeptisch über die Treffsicherheit des Topstürmers ist auch Teamkollege Łukasz Piszczek nicht. „Ein Stürmer will natürlich in jedem Spiel ein Tor erzielen“, sagte der Dortmunder, der Gelb-vorbelastet auf der Bank blieb. „Ich hoffe, er macht es gegen die Schweiz.“
Jakub Błaszczykowski (54.) hingegen traf für die Polen nur acht Minuten nach seiner Einwechslung. „Ich freue mich sehr für ihn, weil er ein schweres Jahr hinter sich hat. Bei der EM spielt er sensationell“, lobte Piszczek seinen in der vergangenen Saison an den AC Florenz ausgeliehenen Partner auf der rechten Seite.
Trotz des ungeschlagenen Durchmarsches in die K.o.-Phase will Polen weiter besonnen sein. „Wir wissen, wir sind nicht Deutschland, wir sind nicht Brasilien, wir werden weiter hart arbeiten“, beteuerte Piszczek. „Alles, was nun weiter kommt, ist ein Bonus.“
Błaszczykowski freute sich über den bestandenen Mentalitätstest. „Es ist das Zeichen einer starken Mannschaft, auch mal an einem schwächeren Tag zu gewinnen“, erklärte der 30-Jährige, der nach längerer verletzungsbedingter Pause Ende 2014 von Lewandowski als Kapitän der Polen abgelöst wurde. Für die Eidgenossen fühlt sich Błaszczykowski stark genug zum Weiterkommen. „Wir sind körperlich sehr gut vorbereitet und werden mit aller Kraft kämpfen.“