Europacup-Erfolg macht Frankfurt Mut für Krisenduell
Bordeaux (dpa) - Einen solchen Moment hat selbst Armin Veh in seiner fast 25-jährigen Trainerlaufbahn noch nicht erlebt. Als das Europa-League-Spiel bei Girondins Bordeaux schon längst vorbei war, trat der Coach von Eintracht Frankfurt noch einmal ganz allein auf das Spielfeld.
Er machte sich auf den Weg zur Gästekurve zu den rund 12 000 mitgereisten Eintracht-Fans. Die Anhänger feierten den 52-Jährigen - und Veh hatte dabei sogar Tränen in den Augen. „Das war erlösend“, sagte Kapitän Pirmin Schwegler nach dem wichtigen 1:0 (0:0) beim französischen Pokalsieger. Der Erfolg bescherte den Frankfurtern nicht nur das vorzeitige Weiterkommen im internationalen Wettbewerb, sondern auch noch das so dringend benötigte Erfolgserlebnis vor dem Krisenduell am Sonntag bei Hannover 96.
Veh selbst war abgesehen von seinem emotionalen Moment vor der Fankurve gar nicht so anders temperiert als nach dem enttäuschenden 3:3 gegen Schalke 04 fünf Tage zuvor. Es ist eine Stärke des Frankfurter Trainers, dass er zuletzt weder nach den acht sieglosen Spielen in der Bundesliga die Ruhe verlor, noch am Donnerstagabend in Euphorie verfiel.
„Dass wir schon nach dem fünften Spieltag durch sind, freut uns riesig“, meinte er. Ansonsten beschränkte sich Veh auch am Freitag nach der Rückkehr nach Frankfurt auf eine eher sachliche Analyse der Dinge: „So ein Spiel zu gewinnen, war psychologisch wichtig. Aber ich weiß nicht, ob es so ist, dass jetzt wieder alles frei ist im Kopf. Wir müssen jetzt schnell regenerieren und uns neu aufstellen für Sonntag. Das ist nicht einfach für die Mannschaft.“
Immerhin habe es der Eintracht gut getan, mal ein Spiel zu überstehen, „in dem wir kein spätes Gegentor kassiert haben“, meinte der Trainer. „Wir haben diesen Fluch gebrochen.“ Die ominöse 86. Minute, in der sein Team zuletzt viermal einen entscheidenden Treffer hinnehmen musste, ging diesmal beinahe unter im Jubel der 12 000 Frankfurter Fans. Der eingewechselte Martin Lanig hatte kurz zuvor das Siegtor für die SGE erzielt (83.).
Dafür schleppt die Mannschaft nun ein anderes akutes Problem mit nach Hannover. Denn auch am Sonntag drohen wieder zwei wichtige Offensivspieler (Alexander Meier, Stefan Aigner) und gleich drei Verteidiger (Anderson, Marco Russ, Stefano Celozzi) auszufallen. „So wie es aussieht, kommt keiner zurück“, sagte Veh, der unter diesen Umständen keinem seiner gesunden Profis eine Pause geben kann. In Bordeaux musste sogar der 18-jährige Marc-Oliver Kempf in der Abwehr aushelfen. „Marc hat das sehr ordentlich gemacht. Aber man sieht natürlich auch, dass ihm noch etwas fehlt“, meinte Veh.
Vorstands-Chef Heribert Bruchhagen wird am Tag des Hannover-Spiels zehn Jahre im Amt sein. Er freute sich am Donnerstag über ein erstes Geschenk zu seinem Jubiläum - und auch über die zumindest für Frankfurter Verhältnisse üppigen Europacup-Einnahmen. Nachdem sein vor zwei Jahren noch in der 2. Liga spielender Club schon für das Erreichen der Gruppenphase 1,3 Millionen Euro kassiert hat, kann Bruchhagen nun noch einmal 400 000 Euro Prämie für den Gruppensieg und je 200 000 Euro für die bislang fünf Siege dazurechnen.
Je weiter die Eintracht in der Europa League kommt und je früher der Bundesliga-Rivale SC Freiburg in diesem Wettbewerb ausscheidet, desto mehr können die Frankfurter auch aus dem Marketpool der UEFA erwarten. Alles in allem rechnen sie schon jetzt mit Gesamteinnahmen von rund acht Millionen aus ihrem Comeback auf der internationalen Bühne. „Das ist eine tolle Sache“, sagte Bruchhagen in Bordeaux. Jetzt fehlt nur noch ein Ende der Bundesliga-Krise in Hannover.