Europa-League-Aus Schalke 04 hadert mit dem Fußball-Gott

Gelsenkirchen (dpa) - Ohne Drama geht es nicht auf Schalke! Nach der emotionalen Berg- und Talfahrt ohne Happy End hat in Gelsenkirchen das Pathos wieder Hochkonjunktur.

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Kapitän Benedikt Höwedes haderte nach dem Europa-League-Aus mit dem Fußball-Gott, Torhüter Ralf Fährmann philosophierte über das Schalke-Herz und Torschütze Daniel Caligiuri hatte trotz des Scheiterns „von der ersten bis zur letzten Minute eine Gänsehaut“.

Eine Spur kleiner geht es wohl nicht beim einstigen „Meister der Herzen“. Und es war ja auch in der Tat eine denkwürdige Europacup-Nacht, die quasi in 120 Minuten das Auf und Ab dieser Saison wie in einem Spielfilm zusammenfasste. Am Ende war der 3:2 (2:0,0:0)-Sieg gegen Ajax Amsterdam nach Verlängerung eine der bittersten Niederlagen der Vereinsgeschichte.

„Amsterdam ist der glückliche Verlierer“, meinte Höwedes. Er habe viele hängende Köpfe in der Kabine gesehen, erzählte der Kapitän: „Das tut so weh, das tut wirklich so weh. Wir sind alles Menschen und haben auch Gefühle.“

Das 0:2 aus dem unglaublich schlechten Hinspiel hatten die Königsblauen durch den trotz einer Gehirnerschütterung heldenhaft kämpfenden Leon Goretzka (53.) und Guido Burgstaller (56.) aufgeholt. Caliguiri (101.) schoss in Überzahl nach Gelb-Rot für Joël Veltman (80.) das vermeintliche Tor ins Halbfinale. Nick Viergever (111.) und der frühere U21-Nationalspieler Amin Younes (120.) ließen alle Träume platzen.

„110 Minuten haben wir einen Freudentaumel sondergleichen erlebt. Manchmal ist der Fußballgott nicht gerecht“, meinte Höwedes. Und der wieder starke Torhüter Fährmann sagte: „Bitterer geht es nicht. Die Mannschaft ist am Boden zerstört. Aber wir haben gezeigt, was das Schalker Herz zu leisten im Stande ist.“ Klaas-Jan Huntelaar erklärte nach seinem letzten Europacup-Spiel für Schalke gegen seinen früheren (und wohl auch künftigen Verein): „Das war ein fürchterliches Ende eines tollen Spiels. Ich bin ganz bitter enttäuscht.“

Dem eigentlich redseligen Manager Christian Heidel hatte es am Donnerstag gar die Sprache verschlagen. Am Freitag nannte er das Ausscheiden „tragisch“. Wichtig sei es nun, „die Köpfe wieder hochzubekommen“.

Immerhin gelang der Mannschaft die Versöhnung mit den Fans, zumindest auf Zeit. Die feuerten das Team nach anfänglicher Skepsis bedingungslos an und applaudierten ihm nach kurzer Schockstarre nach dem Schlusspfiff. Das ultimative Lob kam dann vom Kapitän der legendären UEFA-Cup-Sieger von 1997. „Die Spieler stehen nicht als Verlierer da, sondern als echte Eurofighter“, sagte Olaf Thon. „Sie haben gekämpft bis zum Schluss und sind absolut über ihre Schmerzgrenze gegangen. Das hat gezeigt, dass der Geist der Eurofighter in ihnen steckt.“

Die Generation von 1997 bleibe zwar die einzig wahre Eurofighter-Generation, weil sie den Titel gewonnen habe. „Aber sie kommen näher“, sagte Thon, der heute als Repräsentant des Vereins arbeitet: „Es ist nur eine Frage der Zeit. Irgendwann wird es so weit sein.“

Thon fordert nun aber einen Endspurt in der Fußball-Bundesliga. „Schalke muss sich darauf konzentrieren, möglichst noch Sechster oder Siebter zu werden, um wieder international dabei zu sein“, erklärte er: „Denn dort spielt die Musik, dort finden die Feiertage statt.“

Höwedes fiel der Blick auf den Liga-Alltag zumindest am Donnerstag schwer. „In der Liga sind wir weit weg von dem, was wir uns vorgenommen haben“, sagte er: „Die Europa League war für uns eine Riesenchance, die Saison vergessen zu machen oder zu einem guten Ende zu bringen.“

Sie vergaben sie auf gleichsam unnötige wie unglückliche Art und Weise. Typisch Schalke eben.