Spaniens Fußball auf Wolke sieben
Madrid (dpa) - „Bravo!“, titelte die Sportzeitung „Marca“ auf Seite eins vor einer der berühmten Stier-Silhouetten, die die spanische Autobahnlandschaft prägen.
„Der spanische Fußball zwingt Europa in die Knie“, schrieb das Blatt. Auch von „Wahnsinn!“, „erdrückender Überlegenheit“ und „Willkürherrschaft“ war am Freitag die Rede. Die jüngsten Erfolge in Champions und Europa League haben die Spanier in politisch frustrierenden Zeiten - seit mehr als vier Monaten hat das Euro-Land keine Regierung mehr - wieder beflügelt.
Das Champions-League-Finale am 28. Mai in Mailand um die Nachfolge des FC Barcelona wird - wie 2014 - ein Madrider Stadt-Derby zwischen Real und Atlético sein. Zehn Tage vorher wird der FC Sevilla in Basel gegen Jürgen Klopps FC Liverpool das Kunststück versuchen, den Wettbewerb zum dritten Mal in Serie zu gewinnen.
Vor lauter Europa-Euphorie wurde in Spanien fast vergessen: Da ist ja auch noch La Liga! Bei Bayern-Bezwinger Atlético sah der Schütze des entscheidenden Tores beim 1:2 in München, der Franzose Antoine Griezmann, Anlass zur Warnung: „Wenn wir nur an das Mailand-Finale denken, werden wir es in der Liga vermasseln.“
Die Primera División bietet die bei weitem spannendste Endphase aller Topligen des Kontinents. Atlético, das punktgleich mit Titelverteidiger und Tabellenführer FC Barcelona ist, spielt am Sonntag beim bereits als Absteiger feststehenden Schlusslicht UD Levante - und hofft auf einen Ausrutscher der Katalanen im Derby gegen Espanyol Barcelona. Bei Barça wird wegen der Verletzung von Tormann Claudio Bravo der Ex-Mönchengladbacher Marc-André ter Stegen zum Einsatz kommen. Toni Kroos empfängt zeitgleich (17.00 Uhr) mit dem nur einen Zähler zurückliegenden Team von Real Madrid den FC Valencia.
Aber fast alle Fans und Medien widmeten sich am Freitag nur den europäischen Erfolgen. Seit 2006 holten die spanischen Teams gut 60 Prozent aller Kontinentaltitel. Von den letzten 50 K.o.-Duellen gegen ausländische Teams haben spanische Mannschaften nur ganze vier verloren. Diese Saison sammelten die „Españoles“ in der UEFA-Rangliste mit 23,537 Punkten gut sieben Zähler mehr als die deutschen Vereine (16,428). In der Fünfjahreswertung bauten die Spanier (105,142) ihren Vorsprung vor der Bundesliga (80,177) und der englischen Premier League (76,284) weiter aus.
Einige glauben, die Geheimnisse des Erfolges zu kennen. „Die Jugendarbeit wird bei uns immer besser. Und dadurch, dass immer mehr Spanier ins Ausland verkauft werden, haben junge Spieler bei uns früh die Chance, sich zu beweisen“, meinte der frühere Barcelona-Profi und heutige Zweitliga-Trainer (CD Lugo), Luis Milla, in der Zeitung „ABC“. Javier Tebas, Präsident der Profi-Liga LFP, beteuert: „In unseren Clubs arbeiten die besten Funktionäre.“
Jürgen Klopp, der sich mit seinem FC Liverpool gegen den spanischen Tabellenvierten CF Villarreal durchsetzen konnte, hat, wie so oft, eine ganz eigene Meinung. Es liege am „vielen Geld, der taktischen Anleitung der Trainer, einem guten Scouting“, aber nicht nur. „Sie (die spanischen Teams) sind clever genug und manchmal dreckig genug“, ist der frühere Dortmund-Trainer überzeugt.