Ex-Profi Biermann begeht Suizid: Ende einer öffentlichen Depression

Erneut erschüttert ein tragischer Todesfall den deutschen Fußball. Der Ex-Profi Andreas Biermann begeht Suizid.

Foto: TayDucLam

Berlin. Fünf Jahre nach dem Tod von Robert Enke hat auch Ex-Profi Andreas Biermann den Kampf gegen seine anhaltenden Depressionen verloren. Der ehemalige Fußballprofi vom FC St. Pauli und des 1. FC Union Berlin ist am vergangenen Freitag im Alter von 33 Jahren gestorben. Nach Angaben seines letzten Vereins FSV Spandauer Kickers 1975 hat sich Biermann das Leben genommen.

„Wir sind tief geschockt“, sagte Kickers-Geschäftsführer Günter Hagedorn am Sonntag. Biermann litt seit mehr als zehn Jahren an Depressionen und hatte nach dem Suizid des früheren Nationaltorwarts Robert Enke seine Krankheit im November 2009 öffentlich gemacht. Erst, als Enkes Witwe über die Krankheit ihres Mannes öffentlich sprach, hatte Biermann gewusst, womit er sich auseinanderzusetzen hatte, sagte er damals in einer TV-Talkshow. „Es war, als hielte sie mir einen Spiegel vor. Als würde sie über mich sprechen.“

In Fußballer-Kreisen hat der Tod Biermanns Trauer und Entsetzen ausgelöst. „Er hatte es schon einige Male probiert. Man dachte, dass er es in den Griff bekommt. Leider hat er es nicht geschafft“, erklärte Torsten Mattuschka vom 1. FC Union Berlin, der in der Regionalliga-Saison 2006/2007 gemeinsam mit Biermann bei den „Eisernen“ kickte. „Das ist eine Tragödie. Wie verzweifelt muss man sein, wenn man das als zweifacher Familienvater macht? Man kann sich das schwer vorstellen“, sagte der Union-Kapitän nach dem Training am Sonntag. „Er hat sich lange und mutig gegen seine Krankheit gestemmt, aber er konnte den Kampf nicht gewinnen. Wir sind geschockt und traurig“, teilte Union-Präsident Dirk Zingler auf der Vereins-Homepage mit.

Groß war die Bestürzung auch beim FC St. Pauli. „Ruhe in Frieden, mein Biere“, schrieb Ex-Teamgefährte Fabian Boll auf seiner Facebook-Seite. „Wir sind alle geschockt von dieser Nachricht und zutiefst betroffen darüber, was diese grauenvolle Krankheit anrichten kann“, erklärte Sportchef Rachid Azzouzi beim Trainingslager im österreichischen Villach. Und er ergänzte: „Wir wünschen seiner Familie in dieser schweren Zeit die nötige Kraft.“

Biermann war 2008 von Tennis Borussia zum Kiezclub gekommen, absolvierte dort auch aufgrund zahlreicher Verletzungen aber nur zehn Zweitliga-Spiele.

„Das ist schrecklich. Mir fehlen die Worte“, sagte Bernd Schultz, der Präsident des Berliner Fußball-Verbandes. „Mir fällt kein Patentrezept ein, wie solchen Menschen besser zu helfen ist. Man muss ihnen mehr Aufmerksamkeit schenken, aber reinschauen kann man nicht in ihr Innerstes“, fügte der BFV-Chef hinzu.

Für Schlagzeilen hatte Biermann gesorgt, als er im November 2009 nach dem tragischen Tod von Enke und im Februar 2012 insgesamt drei Suizidversuche öffentlich gemacht hatte. „Die Suizidgedanken habe ich nach wie vor, ich fühle mich sehr schlecht“, hatte der Defensivspieler vor zweieinhalb Jahren via Facebook der Öffentlichkeit mitgeteilt und sich in eine Therapie begeben. Neben den bekannten Depressionen gebe es auch andere Gründe, die er aber zum Selbstschutz nicht erläutern wolle, bekannte er damals.

Auf einer Pressekonferenz 2009 hatte Biermann die Hoffnung geäußert, dass das Öffentlichmachen seines Suizidversuchs dazu beitrage, die Erkrankung zu enttabuisieren. Danach war er Gast in Talkshows wie „Beckmann“ oder „Lanz“ und sprach über seine Krankheit.

Mit der Veröffentlichung seiner Handy-Nummer auf seiner Homepage hatte er alle Betroffenen aufgefordert, mit ihm in Kontakt zu treten. In seiner 2011 gemeinsam mit Rainer Schäfer veröffentlichten Autobiografie „Rote Karte Depression“ gab er aber zu, sein Bekenntnis bereut zu haben, weil er deshalb seinen Job verlor und nicht die erhoffte Unterstützung fand. Im Profifußball fand Biermann fortan nicht mehr statt, zuletzt war es wieder ruhig um ihn geworden. Er hatte von seiner Frau getrennt gelebt. Den Kollegen fiel nichts auf. Biermann galt als äußerst beliebt.