Gastbeitrag Ulli Münsterberg Eine Freundschaft auf und ab durch alle Ligen
Special | Hilden/Ipswich · Seit 2006 gibt es zwischen Ipswich Town und Fortuna eine enge Verbindung.
7. Januar 2006, 16:45 Uhr, Portman Road Stadium, Ipswich. Fast pünktlich pfeift Schiedsrichter Dermot Gallagher die Pokalbegegnung zwischen Ipswich Town und Portsmouth FC vor 15 593 Betrachtern ab. Der Zweitligist aus East Anglia unterliegt in der Pokalbegegnung denkbar knapp mit 0:1. Die komplette Nordtribüne, gut 5000 Mann, applaudiert trotzdem minutenlang weiter, zugewandt allerdings einer größeren Fan-Gruppe in Rot-Weiß, die von der angrenzenden Cobbold-Tribüne während der gesamten Spielzeit die Heimmannschaft lauthals unterstützt hatte. „Crazy Germans in Town“ sendete damals die BBC Suffolk über den Äther.
Und tatsächlich hatten sich genau 95 Fortunen in einem Non-Stop-Trip kurzerhand zu einer Art Neujahrstour nach England verabredet, der Freitagabend beginnen würde und Sonntagmorgen mit der Rückkehr in Düsseldorf beendet war. Gut 36 Stunden. Bus – Fähre – Pub – Stadion – zurück. Kaum Schlaf. Montags morgens waren trotzdem alle Düsseldorfer wieder auf der Arbeit. Als wäre nix gewesen. Der winterliche Zufallstrip in die englische Grafschaft Suffolk entpuppte sich als Dauerbrenner: Die Anhänger von Ipswich Town und Fortuna Düsseldorf treffen sich in Freundschaft bis heute. Längst haben sich eine ganze Reihe Anhänger beider Klubs dieser Verbindung angeschlossen, mit dem neuerlichen Höhepunkt an diesem Wochenende, wenn die Fortuna zur Saisoneröffnung beim frischgebackenen Premier-League-Rückkehrer zur Saisoneröffnung eingeladen ist.
Die jährlichen Besuche rund um die Neujahrszeit der Fortunen beantworten die Tractor Boys mit Gegenbesuchen zum Saisonende, und dreistellige Abordnungen sind längst auf beiden Seiten die Regel. Die Fortuna-Fans waren im Lauf der Jahre auch schon einige Male mit den Blau-Weißen gemeinsam auswärts unterwegs – im Philips-Stadion bei PSV Eindhoven, an der Loftus Road bei Queens Park Rangers, im Villa Park bei Aston Villa.
Fans stimmen Gesang an:
„Ihr seid leiser als Fortuna Köln“
Wenn die Fortunen an der Portman Road dabei sind, dann wissen die Engländer, dass die rot-weißen Gäste leidenschaftlich hinter dem englischen Altmeister von 1962 stehen. Als sich Leeds United zum fälligen Ligaspiel an der Portman Road (1:0) im Januar 2018 vorstellt, stehen knapp 200 Fortunen mit den Fans aus Ipswich gemeinsam im Northstand. Als die Gästeanhänger aus Leeds das bemerkten, bedachten sie die Fortunen mit diversen Gesängen aus weniger freundlich deutsch-englischen Begegnungen aus dem vergangenen Jahrhundert. Die Fortunen kontern trocken. „Ihr seid leiser als Fortuna Köln“, schallt es aus fast 200 Düsseldorfer Kehlen lauthals Richtung Leeds-Block, und die Nordtribüne stimmt komplett mit ein. So gut es in Englisch-Deutsch eben geht. „Languages are quite liberty“, bemerkt BBC-Kommentator John Wright eines Tages, als die Fortunen wieder mal bei der BBC im Radiostudio zu Gast sind, will sagen: Es gibt keine Sprachbarriere.
Das alles findet auch unter ehemaligen Spielern Freude und Unterstützung. Das erfahren die Fortuna Blues auf ihren Reisen vor allem durch Egon Köhnen, Günter Kuczinski und vor allem Frank Mayer. So kommt es am Samstag an der Portman Road zur Wiederauflage des „Friendliest Of Friendlies“, des freundschaftlichsten aller Freundschaftsspiele. Zum Spiel in England werden zwei Doppeldecker-Busse in Düsseldorf aufbrechen. Begleitet wird er im Konvoi durch die Nacht von einigen privaten Pkw – und nach dem Spiel geht es nonstop zurück Richtung Düsseldorf.
Unser Autor Ulli Münsterberg ist seit vielen Jahren engagierter Fortuna-Fan, hat auch schon Bücher über seine Leidenschaft veröffentlicht. Seit fast zwei Jahrzehnten organisiert er gemeinsam mit Friedrich Schacht die Fantouren nach Ipswich.