Endspurt um EM-Tickets - Neid: „Hungrig“ nach Schweden
Essen (dpa) - Silvia Neid wirkt gelassen. Nach dem souveränen Einstieg in die Endphase der EM-Vorbereitung mit dem 3:0 (3:0)-Sieg gegen Schottland strahlt die Fußball-Bundestrainerin Zuversicht aus, auch wenn sie noch erhebliches Steigerungspotenzial sieht.
„Es war ein typisches Vorbereitungsspiel“, befand Neid nach der Partie in Essen. „Wir haben in der ersten Hälfte drei Tore gemacht, aber nicht so gut kombiniert. In der zweiten Halbzeit war es spielerisch etwas besser, aber auch nur bis 16 Meter vor dem Tor. Insgesamt sind wir aber schon sehr zufrieden.“
Im zweiten Testspiel gegen Kanada am Mittwoch in Paderborn soll die DFB-Elf einen weiteren Schritt nach vorn machen. „Wenn wir unser Trainingspensum reduzieren, sind unsere Spielerinnen viel frischer im Kopf“, versprach die 48 Jahre alte Trainerin. Allerdings werde sie im Training „keine Rücksicht“ nehmen auf das Kanada-Spiel. „Da müssen wir noch präsenter sein“, forderte Celia Okoyino da Mbabi, die mit ihrem Doppelschlag in der 43. und 44. Minute nach Lena Goeßlings Führung (34.) den Endstand markierte.
Ab dem dritten EM-Lehrgang (24. Juni bis 3. Juli) mit dem Abschlusstest gegen Weltmeister Japan (29. Juni) in München will Neid Intensität und Umfang der Trainingseinheiten herunterschrauben: „So dass wir total ausgeruht in Schweden ankommen, hungrig sind auf den Ball, hungrig auf unseren ersten Gegner Holland und hungrig auf das Gewinnen wollen.“
Dass am Samstag vor 9237 Zuschauern gegen Schottland noch nicht jeder Pass ankam, nicht jede Kombination flüssig und jeder Schuss ein Treffer war, ist der Verletztenmisere und hohen Belastung im Training geschuldet. „Wichtig ist, dass wir trotz der Müdigkeit versuchen, unsere beste Leistung abzurufen“, sagte Dzsenifer Marozsan. Wie alle anderen hat die Spielmacherin ihre Bestform noch nicht erreicht.
Lira Bajramaj musste gar erstmal ihre Nervosität abschütteln, als sie in der 64. Minute eingewechselt wurde. „Ich war sehr aufgeregt“, gestand die von einem Kreuzbandriss genesene Mittelfeldspielerin. Gleichwohl war sie nach ihrem ersten richtigen Härtetest seit rund acht Monaten überglücklich. „Ich habe eine harte Zeit hinter mir. Insofern bin ich erstmal froh, hier dabei zu sein. Ich will spielen, ob 90 oder 30 Minuten, ist mir erstmal egal.“
Ähnlich fühlt Simone Laudehr, ihre Leidensgenossin. Die 26 Jahre alte Weltmeisterin fehlte wegen eines Knorpelschadens im Knie fast genau so lange und war nach dem 45-Minuten-Einsatz zufrieden: „Ich habe wieder total Bock auf Fußball. Bis zur EM haben wir ja noch dreieinhalb Wochen Zeit. Da kann man viel machen.“
Auch wenn Neid keine Rückschlüsse auf ihre EM-Formation zulassen mochte, sei gegen Kanada nicht mit einer „komplett neuen Startelf“ zu rechnen. Kein Zweifel, das EM-Gerüst steht: Vor Torhüterin Nadine Angerer agiert die Viererkette mit den drei Frankfurterinnen Bianca Schmidt, Saskia Bartusiak und Babett Peter, dazwischen rückt Innenverteidigerin Annike Krahn (Paris St. Germain). Die zwei Positionen im defensiven Mittelfeld bekleiden die Wolfsburgerinnen Lena Goeßling und Nadine Keßler. Zumal in „Pechvogel“ Kim Kulig (EM-Absage wegen Knieproblemen) eine erfahrene Alternative fehlt. „Daher sehe ich Lena eher auf der Sechs“, bestätigte Neid.
Hinter der gesetzten Sturmspitze Okoyino da Mbabi kristallisiert sich die offensive Dreierkette mit Anja Mittag (rechts), Marozsan (zentral) und Leonie Maier (links) heraus. Erste Alternativen auf den Flügeln dürften Lena Lotzen, Bajramaj und auch Laudehr sein.