Fußball-Frauen nach Heim-WM im Alltag zurück
Augsburg (dpa) - Nach der Reizüberflutung bei der Heim-WM sind die deutschen Fußball-Frauen beim klaren Sieg über die Schweiz wieder im tristen Alltag gelandet.
Im ersten Länderspiel 69 Tage nach dem Viertelfinal-K.o. beim spektakulären Welt-Turnier begrüßten gähnend leere Ränge in der Augsburger WM-Arena die deutsche Auswahl. Beim 4:1 gegen die Nachbarn ließ die trostlose Kulisse die WM mit der fantastischen Stimmung und all den ausverkauften deutschen Spielen wie ein Ereignis aus einer anderen Epoche wirken.
Nur 6632 Anhänger wollten sich den ungefährdeten Auftakterfolg des DFB-Teams in die Qualifikation für die EM 2013 anschauen. „Natürlich hätten wir uns mehr Zuschauer gewünscht“, meinte Doppel-Torschützin Fatmire Bajmaraj, die auf der ungewohnten Zehnerposition als beste Deutsche heraus stach.
Wie Bundestrainerin Silvia Neid machte die Werbeikone den unglücklichen Spieltermin für das mangelnde Interesse verantwortlich: Fast parallel zur Männer-Bundesliga mussten die Frauen am Samstagnachmittag ran, weil die europäische Fußball-Union UEFA es so vorgegeben hatte. „Der ein oder andere hat gedacht: Da gucke ich lieber Männerfußball“, meinte Bajramaj zur „blöden Zeit“.
Auch ein Unterschied zur WM und dem frühen Aus für die DFB-Elf war allerdings, dass Neids Mannschaft den Gegner diesmal gänzlich dominierte. Gegen drittklassige Schweizer, die sich für das Turnier im Sommer gar nicht erst qualifiziert hatten, war das auch keine Überraschung. Eine Fülle an Chancen ließen die Deutschen noch aus - so blieb es gegen die löchrige Schweizer Defensive bei vier Treffern der Frankfurterin Bajramaj (32./66. Minute), Linda Bresonik (73.) und Martina Müller (80.). Einziger kleiner Wermutstropfen war das Gegentor von Ramona Bachmann (68.).
Dabei war der Auftakt gar nicht so vielversprechend: Die erste Viertelstunde blieb Deutschland ohne jede Möglichkeit. „Es war eine Verunsicherung zu merken“, urteilte Torhüterin Nadine Angerer. In ihrem 103. Länderspiel hatte sie nach den Rücktritten von Ex-Kapitän Birgit Prinz, Kerstin Garefrekes, Ursula Holl und Ariane Hingst von Neid jede Menge Vertrauen und die Kapitänsbinde erhalten. Pikant, dass Neid hinterher wiederholt auf Nachfrage erklärte, gar keine Verunsicherung gespürt zu haben. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Spielerinnen unter Druck standen.“
Mit sieben Frauen in der Startelf, die auch am 9. Juni beim Aus gegen Japan begonnen hatten, kam die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes erst nach Bajramajs Führungstreffer richtig ins Rollen. Zum Ende durften die wenigen Zuschauer dann sogar einige schöne Kombinationen bestaunen, die bei der entscheidenden WM-Partie noch vermisst worden waren. „Man braucht lange, um diese Niederlage zu verkraften. Wir haben sie verkraftet“, bemerkte Bajramaj.
Neid hatte sich in den Vortagen mit ihrem Team zusammengesetzt und beschlossen, „die WM beiseitezulegen“. Die 47-Jährige, nach dem Turnier heftiger öffentlicher Kritik ausgesetzt und doch im Amt geblieben, betonte aber im selben Atemzug auch: „Man kann das nicht vergessen.“ Verteidigerin Annike Krahn beschränkte sich auf die Aussage, „dass wir jetzt eben ein neues Ziel haben: die EM-Qualifikation“.
Die dürfte nach dem klaren Erfolg gegen den vermeintlich stärksten Gruppengegner zur Formsache werden. Neben der Schweiz sind Rumänien, Kasachstan, Spanien und die Türkei in den kommenden Monaten die weiteren Kontrahenten - für die WM im Sommer hatte sich keines der Teams qualifiziert.