Jones gibt Debüt als Bundestrainerin
Chimki (dpa) - Es könnte durchaus sein, dass Steffi Jones vor dem Anpfiff des bedeutungslosen EM-Qualifikationsspiels der deutschen Fußball-Frauen gegen Russland öfter die Toilette aufsuchen muss.
„Vor meinem ersten Länderspiel als Spielerin war ich fünfmal auf dem Klo“, berichtete die Bundestrainerin vor ihrem Debüt an diesem Freitag (18.00 Uhr) in Chimki. Ob das dieses Mal wieder so sein wird, wisse sie nicht. Gewiss werde die Aufregung aber ähnlich groß sein. „Das ist etwas Besonderes. Ich werde mit Demut reingehen und Gänsehaut haben“, sagte Jones.
Nach dem Olympia-Gold von Rio hat die ehemalige Nationalspielerin das Amt von Silvia Neid übernommen. Gegen Russland und vier Tage später in Ungarn steht sie nun erstmals in der Verantwortung. Bange ist ihr davor nicht. „Ich erwarte zwei Siege“, formulierte sie trotz des Ausfalls zahlreicher Leistungsträgerinnen eine klare Vorgabe.
Die DFB-Auswahl ist längst für die EM-Endrunde 2017 in den Niederlanden qualifiziert. Dort will Jones an die Erfolge ihrer Vorgängerin anknüpfen. „Wir wollen Europameister werden. Diese hohen Erwartungen sind immer da und auch berechtigt. Wir müssen uns diese Ziele setzen, das ist unser Selbstanspruch“, betonte die neue Bundestrainerin.
Sie selbst geht die Aufgabe mit Energie und Freude an. „Ich habe sehr viel Spaß“, versicherte Jones nach den ersten Trainingseinheiten. Ihre Ansage an die Spielerinnen, von denen sie geduzt wird, ist klar und unmissverständlich: „Wir wollen nicht systemabhängig, sondern variabel sein.“ Um ihre Philosophie zu vermitteln, hat Jones viele Einzelgespräche geführt. Ihr Credo: „Die Spielerinnen sollen transparent erfahren, warum ich was wie mache.“
Das gilt auch für die Zusammenarbeit mit der Bundesliga. In Absprache mit den Vereinstrainern gönnt die 43-Jährige einigen Stammkräften wie Sara Däbritz, Melanie Leupolz (beide Bayern München) oder Alexandra Popp (VfL Wolfsburg) nach dem stressigen Sommer eine Pause. Das hatte es unter Neid nicht gegeben.
Zudem fehlen etliche verletzte Spielerinnen wie Simone Laudehr, Dzsenifer Marozsan oder Bundesliga-Torschützenkönigin Mandy Islacker sowie die nach dem Olympia-Triumph zurückgetretenen Melanie Behringer, Annike Krahn und Saskia Bartusiak. „Diese Lücke zu schließen wird eine vordringliche Aufgabe für uns sein“, betonte Jones. Die neue Innenverteidigung werden Josephine Henning vom FC Arsenal und die Wolfsburgerin Babett Peter bilden.
Noch nicht festgelegt hat sich Jones auf eine neue Spielführerin, die erst vor ihrem Heim-Debüt am 22. Oktober in Regensburg durch den Mannschaftsrat bestimmt werden soll. In Russland und Ungarn trägt Anja Mittag, die einst noch mit Jones in der DFB-Auswahl zusammenspielte, die Kapitänsbinde. „Sie hat sofort signalisiert, dass sie sich wahnsinnig freut, bei meinem ersten Spiel dabei zu sein“, erzählte Jones. „Sie wird die Leaderin auf dem Platz sein.“