Laudehr schießt Deutschland ins EM-Halbfinale
Växjö (dpa) - Erleichterung, Freude, und ein wenig Genugtuung nach aufkeimender Kritik: „Wahnsinn. Das war total klasse, ich bin total stolz auf die Mannschaft“, schwärmte Bundestrainerin Silvia Neid nach dem Sprung ins Traum-Halbfinale bei der Fußball-Europameisterschaft gegen Gastgeber Schweden.
Die lange am Knie verletzte Simone Laudehr bescherte Titelverteidiger Deutschland den Viertelfinalsieg gegen Italien. Die 27 Jahre alte Weltmeisterin vom 1. FFC Frankfurt erzielte das Siegtor zum 1:0 (1:0)-Erfolg in der 26. Minute. Vor 9265 Zuschauern in der Växjö Arena präsentierte sich die DFB-Elf wesentlich engagierter und konzentrierter als beim 0:1 gegen Norwegen zum Vorrundenabschluss.
„Wir haben gegen kampfstarke, ausgebuffte Italienerinnen gut dagegengehalten und gekämpft bis zum Umfallen“, meinte Neid, die allerdings auch einen kleinen Wermutstropfen verkraften musste. Denn im Halbfinale muss sie womöglich auf Top-Stürmerin Celia Okoyino da Mbabi verzichten, die sich eine Zerrung im hinteren rechten Oberschenkel zuzog. „Es könnte eng werden bis Mittwoch“, meinte Neid.
Dann kommt es in Göteborg zum Frauenfußball-Klassiker zwischen dem Rekord-Europameister und den Skandinavierinnen, die auf ihren Heimvorteil setzen. „Die Schwedinnen haben eine ganz starke Mannschaft und sind Favorit. Aber warum sollte unser junges Team Angst vor ihnen haben?“, fragte die DFB-Trainerin mit Blick auf die Vorschlussrunden-Partie am Mittwoch. „Auf jeden Fall sind wir sehr froh, dass wir wieder zu den besten Vier in Europa gehören.“
Am Nachmittag war Schweden in Halmstad mühelos mit einem 4:0 (3:0)-Sieg gegen Island zum ersten Mal seit 2005 wieder ins Halbfinale spaziert. Die Tore für die Mannschaft von Pia Sundhage im ausverkauften Stadion Örjans vall erzielten Marie Hammarström (3.), Josefine Öqvist (14.) und Starstürmerin Lotta Schelin (19./59.), die nach ihrem Doppelpack allein die Torschützinnenliste mit fünf Treffern anführt.
Erstmals seit langem bot Neid Spielmacherin Dzsenifer Marozsan nicht in der Startelf auf. Dafür spielte Anja Mittag einen Art zweite Spitze. Davon versprach sich Neid mehr Toraktionen. Marozsan kam in der zweiten Hälfte dann ausgeruht auf das Feld. Zudem rückte Laudehr für Melanie Leupolz auf die linke Seite. „Wir wussten, dass Italiens starke Seite die rechte ist und wollten mit Laudehr eine abwehrstarke Mittelfeldspielerin haben“, erläuterte Neid. „Ich finde, der Plan ist aufgegangen.“
Vor den Augen der DFB-Spitze mit Präsident Wolfgang Niersbach, der nach der Partie auf den Rasen eilte und mit den Spielerinnen einen Kreis bildete, und Generalsekretär Helmut Sandrock sowie dem ehemaligen DFB-Chef Theo Zwanziger entwickelte sich trotz großer Hitze ein munteres Spiel. Mittag (5.) traf nach einem Freistoß von Goeßling den Ball mit dem Kopf nicht richtig, so dass er am langen Eck vorbeistreifte. Zwei Minuten später kam auch Laudehr, die auf der linken Seite für einige Belebung sorgte, nach einer Ecke von Okoyino da Mbabi mit dem Kopf nicht richtig hinter den Ball.
Nach der nächsten Standardsituation machte es Laudehr besser: Diesmal trat Goeßling die Ecke, und die italienische Abwehr brachte den Ball nicht aus der Gefahrenzone. So versuchte es die 27-Jährige, die lange wegen eines Knorpelschadens im Knie ausgefallen war, aus dem Gewühl heraus und traf durch Freud und Feind hindurch zum verdienten 1:0. Die beste Ausgleichschance vor der Pause für die kampfstarken Italienerinnen vergab Elisa Camporese (36.) per Kopf. Ein Schuss von Daniela Stracchi (43.) war eine sichere Beute von DFB-Keeperin Nadine Angerer.
Die gefährliche Stürmerin Patrizia Panico war bei der deutschen Innenverteidigung auch in der zweiten Spielhälfte gut aufgehoben und konnte kaum Akzente setzen. Die eingewechselte Marozsan sorgte mit Wut im Bauch noch einmal für neuen Schwung im DFB-Team. Ihren Knaller (64.) konnte Italiens Torfrau Chiara Marchitelli aber parieren, kurz darauf zielte Marozsan neben das Gehäuse. In der Schlussviertelstunde kontrollierte die DFB-Elf das Geschehen und ließ gegen die Italienerinnen, die noch nie ein Pflichtduell mit Deutschland gewannen, nichts mehr anbrennen. Der Sieg hätte sogar höher ausfallen können, aber in der 89. Minute setzte Marozsan noch einen Freistoß an die Latte. „Gegen Schweden wird es sicher wieder heiß hergehen“, sagte Laudehr.