Neid: „Aufpassen, dass wir nicht überholt werden“
Halle/Saale (dpa) - Fragen an Bundestrainerin Silvia Neid nach dem 1:1 im letzten Fußball-Länderspiel des Jahres gegen Frankreich:
Martina Müller hat nach 101 Länderspielen ihre internationale Karriere beendet. Was hat sie als Stürmerin der DFB-Elf in den letzten zwölf Jahren ausgezeichnet?
Neid: „Ich kenne Martina schon aus der Zeit, als ich noch Nachwuchstrainerin beim DFB war. Ich sollte damals eine U 18 aufbauen und Martina war in diesem Jahrgang. Schon da war sie eine wichtige Spielerin. Sie hat dann auch in der Nationalelf viele entscheidende Tore geschossen.“
Sie war ja eine Art Edeljoker, ist gegen Frankreich zum 75. Mal eingewechselt worden. Warum war sie dafür so prädestiniert?
Neid: „Martina hatte eine besondere Rolle, die Jokerrolle. Aber sie hat sich damit arrangiert. Wenn man Martina auf der Bank hat und sie einwechselt, sorgt sie immer für viel Leben. Auch heute war sie sofort im Spiel. Wir werden sie sehr vermissen, auch menschlich.“
Frankreich war ein echter Härtetest. Zufrieden mit ihrer Mannschaft?
Neid: „Insgesamt ja. In der ersten Hälfte waren wir nach der schnellen Führung nicht mehr aggressiv genug im Mittelfeld. Manchmal fehlte die Passgenauigkeit. Aber die Spielerinnen wissen alle, woran sie noch arbeiten müssen.“
Warum haben Sie zum Jahresende so einen starken Gegner ausgesucht?
Neid: „Weil wir von Frankreich lernen können. Das Team von Bruno Bini hat sich hervorragend entwickelt, war Vierter bei der WM und Olympia. Die Französinnen sind technisch versiert, sehr kombinationssicher. Sie haben heute wieder gezeigt, warum sie bei der EM im nächsten Sommer in Schweden zu den Favoriten gehören.“
Deutschland hat das Trauma der verpatzen Heim-WM 2011 überwunden. Seit dem Viertelfinal-Aus gegen Japan hat Ihre Elf von 18 Spielen 14 gewonnen und keines verloren. Ist Deutschland nicht der EM-Favorit?
Neid: „Ich habe ja nicht gesagt, dass ich uns nicht dazu zähle. Wir hatten ein gutes Jahr. Aber es gibt einige Mannschaften, die den EM-Titel holen können.“
Hat die DFB-Elf als Rekord-Europameister die Vormachtstellung auf dem Kontinent verloren?
Neid: „Wenn wir uns in dem Tempo wie in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hätten, wären wir ja unerreichbar. Aber auf diesem Niveau sind die Schritte kleiner. Und die anderen Nationen haben aufgeholt. Natürlich müssen wir aufpassen, dass wir nicht überholt werden. Deshalb spielen wir bis zur EM auch nur gegen richtig gute Gegner. Im Februar ist das Rückspiel in Frankreich. Dann kommen der Algarve-Cup und die Partien gegen Olympiasieger USA und Weltmeister Japan. Wir können von jeder dieser Mannschaften lernen, weil sie uns unsere Schwächen aufzeigen. Nur diese Spiele bringen uns weiter.“