Traurige WM-Rückkehrer - Neid schlägt nach Kritik zurück
Edmonton (dpa) - Celia Sasic nahm die weinende Simone Laudehr in den Arm, Nadine Angerer konnte ihre Nachfolgerin Almuth Schult kaum trösten - nach der bitteren Pleite im Spiel um WM-Platz drei flossen bei den deutschen Fußballerinnen noch einmal die Tränen.
Von Partystimmung war beim Team von Bundestrainerin Silvia Neid nach dem frustrierenden 0:1 gegen England nach Verlängerung in Edmonton keine Spur. Die interne Abschlussfeier nach 35 gemeinsame WM-Tagen in Kanada fiel am Samstag eher verhalten aus.
Unterstützung kam aus der Heimat: „Die knappen Ergebnisse bei dieser WM haben gezeigt, wie eng die Mannschaften an der Spitze zusammengerückt sind. Auch wenn es diesmal nicht für ganz oben gereicht hat, bleibt das positive Fazit, dass wir zu den besten vier Teams der Welt zählen und uns für Olympia qualifiziert haben. Mit den Erkenntnissen des Turniers und ihrer Erfahrung wird Silvia Neid die Mannschaft optimal auf Rio vorbereiten“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.
„Die Niederlage trübt alles ein bisschen. Alle sind traurig, aber insgesamt können wir trotz des vierten Platzes zufrieden sein. Wir haben ein gutes Turnier gespielt“, bilanzierte Spielführerin Angerer nach ihrem unspektakulärem 146. und letzten Länderspiel. Dennoch versprach die 36-Jährige: „Ich sorge nachher schon für gute Laune.“
Doch die 23 Spielerinnen und der Rest des DFB-Trosses stiegen müde, geschlaucht und enttäuscht am Sonntag (Ortszeit) in den Flieger. Alexandra Popp brachte die Gemütsverfassung des Teams, dem ein versöhnliches Ende nach durchwachsener WM verwehrt blieb, auf den Punkt: „Ich fliege mit einem Kackgefühl nach Hause.“
Silvia Neid war schon vor dem „kleinen Finale“, in dem die DFB-Elf lange Zeit spielerisch überzeugte und dominierte, aber wieder kein Tor erzielte, von Bundesliga-Trainern wie Colin Bell (Frankfurt), Bernd Schröder (Potsdam) und Ralf Kellermann (Wolfsburg) hart kritisiert worden. System, Technik und Taktik, Flexibilität, mentale Stärke und künftige Konkurrenzfähigkeit im Welt-Frauenfußball - nahezu alles rund um die Nationalelf wurde infrage gestellt.
Nach der durch das Elfmetertor von Fara Williams in der 108. Minute unglücklich verlorenen Partie war Neids Geduld aufgebraucht, als sie erneut mit der Kritik konfrontiert wurde. Ruhig, aber bestimmt spielte die 51 Jahre alte Fußball-Lehrerin den Ball an Club und Kritiker zurück. „Die Spielerinnen waren in einem katastrophalen Zustand, als sie zu uns kamen“, monierte die Trainerin, der wegen der Spielpläne im WM-Vorfeld kaum Zeit geblieben war, mit ihrem Kader vernünftig zu arbeiten. Darüber hinaus musste sie auf Weltfußballerin und Strategin Nadine Keßler verzichten, was gern unterschlagen wird.
„Wir hatten zehn Tage in der WM-Vorbereitung. Und das war keine Vorbereitung, sondern eine Regeneration. Wir mussten erstmal schauen, dass wir alle Blessuren hinkriegen und so behandeln, dass die Spielerinnen auf dem Platz stehen und wir einigermaßen trainieren konnten“, stellte Neid klar: „Dann sind wir nach Kanada gefahren. Gemessen daran können wir froh sein, dass wir so weit gekommen sind.“
Auch Angerer konnte dem heimatlichen Störfeuer nichts abgewinnen. „Ich sehe das komplett anders. Natürlich haben auch wir Fehler gemacht“, räumte sie ein. Doch weder der Zeitpunkt noch der Inhalt der teils wenig fundierten Kritik waren für die Vorzeigeathletin nachvollziehbar. „Wir sind eine sehr selbstkritische Mannschaft und lassen auch Kritik von außen zu. Aber jetzt alles infrage zu stellen, in dann in dieser Art und Weise, finde ich nicht gut.“
Neid teilt die Sorge, „dass Deutschland weiter an der Spitze bleiben soll“. Zeitpunkt und Stil der Kritik wies sie aber wie auch DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock als unangemessen und kontraproduktiv zurück. „Natürlich müssen wir weiter über den Tellerrand schauen, und zwar alle“, sagte die Bundestrainerin. Dazu gehöre aber nicht nur die selbstverständliche Analyse und Aufarbeitung des Turniers durch den DFB („Das machen wir immer“), sondern auch die konstruktive Mitarbeit und das professionelles Arbeiten in den Clubs. „Wir sitzen doch alle in einem Boot. Dass wir uns zusammensetzen müssen, ist normal. Und ich hoffe, dass die Vereine ihren Teil zur Weiterentwicklung der Nationalelf beitragen.“
Alles von der WM werde von einem Expertenteam ausgewertet, betonte Neid. „Und dann werden wir irgendwann eine Trainertagung haben. Da werde ich vorstellen, was wir erkannt haben. Bis dahin wäre es schön, wenn alle daran arbeiten würden, dass sich unsere Spielerinnen weiterentwickeln. Zum Beispiel im Spielaufbau oder, oder, oder...“