Fußball Video-frei - Debatte um Dreifachbestrafung
Zürich (dpa) - Das kategorische Nein zum Videobeweis und das einstimmige Ja zur Dreifachstrafe nach Notbremsen waren erst wenige Stunden her, da gab es schon den nächsten Streitfall zur wohl umstrittensten Fußball-Regel.
Die Rote Karte für Schalkes Kyriakos Papadopoulos plus Elfmeter für den FC Bayern war beim 5:1 der Münchner keineswegs spielentscheidend, erregte aber dennoch die Gemüter. Und sie verdeutlichte das Dilemma, das die Regelhüter des Welt-Fußballs mit ihrer konservativen Haltung weiterhin verursachen.
Für Ex-FIFA-Referee und Sky-Experte Markus Merk sind die Schiedsrichter die Leidtragenden, da sie unpopulär Elfmeter, Platzverweis und die daraus resultierende Sperre auf Beschluss des International Football Association Board (IFAB) verhängen müssen. „Verantwortlich ist die FIFA“, schimpfte Merk.
Bayern-Schlussmann Manuel Neuer hatte sich kürzlich nach dem Platzverweis für seinen Arsenal-Kollegen Wojciech Szczęsny der großen Schar der Regelgegner von Franz Beckenbauer über Joachim Löw bis zu UEFA-Boss Michel Platini angeschlossen und eine Abschaffung gefordert - ohne Erfolg, wie sich bei der IFAB-Sitzung am Samstag in Zürich zeigte.
Joseph Blatter, als FIFA-Präsident ständiges IFAB-Mitglied twitterte erklärend: „Dreifachstrafe bleibt, betont wurde, dass Schiedsrichter nur eine Rote Karte im Strafraum zeigen, wenn es die Regeln erfordern, sonst Gelb. Wie auf dem Rest des Spielfeldes.“ Nur Optimisten konnten aus diesen Zeilen interpretieren, dass Blatter den Schiedsrichtern mehr Handlungsfreiraum bei der Regelauslegung geben will.
Immerhin wird die Regel künftig von den neuen Advisory und Football Panels des IFAB diskutiert. In Kürze werde die Besetzung der beiden Beratergremien vorgestellt. Eine Änderung, die dem IFAB nicht gefällt, wird es aber nicht geben, egal was die Panelmitglieder vorschlagen. Längst gelten sie als demokratisches Feigenblatt des IFAB im Zuge der Demokratiereformen bei der FIFA. Die nächste Sitzung der Regelmacher, zu denen die vier britischen Verbände sowie vier FIFA-Funktionäre gehören, findet ohnehin erst wieder vom 27. Februar bis 1. März 2015 in Belfast statt.
Überhaupt keine Diskussionen erlaubt das IFAB zum Videobeweis. Nicht einmal die Panels sollen weitere technische Hilfsmittel außer der Torlinientechnik debattieren. „Es besteht die Gefahr, dass der Videobeweis den Charakter des Spiels ändert“, sagte FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke. Zudem gebe es Bedenken, dass bei längeren Unterbrechungen für die Ansicht von Zeitlupen derweil Werbung bei den Fernsehübertragungen eingespielt werden könnte. Valcke befürchtet: „Das ist das Ende des Spiels.“
Sportarten, in denen der Videobeweis angewandt werde, würden anders gespielt als Fußball, meinte Valcke und nannte Rugby als Beispiel. Dort gebe es Zeit zwischen den Spielaktionen. Im Tennis hat sich der Videobeweis bei knappen Entscheidungen inzwischen bewährt. „Im Moment wissen wir nicht, wo es hingeht und wie das die Qualität des Spiels beeinflusst“, erklärte Valcke die ablehnende Haltung beim Fußball. Er räumte ein, dass man über dieses Thema „den ganzen Tag“ diskutieren könne, ebenso wie über die Dreifachbestrafung.