Abpfiff für Menezes: Brasilien sucht neuen Coach

São Paulo (dpa) - Mano Menezes reagierte gefasst auf die Rote Karte. „Ich wünsche der Seleção schon jetzt Erfolg auf dem Weg zum größten Traum unserer Fans: dem sechsten WM-Titel 2014“, twitterte Brasiliens entlassener Nationalcoach.

Dem 50-Jährigen traute der Fußballverband CBF nicht mehr zu, diesen Traum zu erfüllen. Für viele kam die Entscheidung zur Unzeit; andere hielten sie für längst überfällig. Der Rauswurf ist jedenfalls gewagt, denn rund sechs Monate vor dem Confederations Cup und eineinhalb Jahre vor WM-Anpfiff im eigenen Land ist Brasiliens Fußball-Welt in Aufruhr.

In Land des fünffachen Weltmeisters gibt es in der öffentlichen Wahrnehmung oft nur zwei Top-Jobs: den des Staatspräsidenten und den des Fußball-Nationaltrainers, manchmal in umgekehrter Reihenfolge. Nur so ist das Ausmaß der Entscheidung zu verstehen, die beim Spitzentreffen des mächtigen nationalen Fußballverbandes CBF in São Paulo fiel. Menezes stand dem Vernehmen nach schon länger auf der Abschussliste von CBF-Boss José Maria Marin, der nur auf den richtigen Zeitpunkt gewartet habe.

„Auch wenn die Zahlen sogar gut waren, der allgemeine Eindruck ist ein Fiasko“, resümierte Brasiliens Top-Sportzeitung „Lance!“ die fast zweieinhalbjährige Menezes-Ära. „Was nutzen Siege gegen den Iran, Costa Rica, Gabun, Bosnien und den Irak? In den Duellen, die zählen, war Mano schlecht. Er verlor gegen Frankreich und Deutschland, und gegen Holland gab es ein Unentschieden.“ Unter Menezes sei Brasilien zwischenzeitlich auf den historisch schlechtesten Weltranglistenplatz 14 gefallen. Derzeit rangiert Brasilien abgeschlagen auf Platz 13.

Die Bilanz nach 40 Spielen unter Menezes ist so schlecht nicht: Es gab 27 Siege, sechs Unentschieden, sieben Niederlagen. Der Ex- Corinthians-Trainer suchte nach dem enttäuschenden Viertelfinal-Aus bei der WM in Südafrika 2010 als Nachfolger von Carlos Dunga den Neuanfang. Er setzte vor allem auf junge Spieler und zeigte Cracks wie Ronaldinho oder auch Kaká lange Zeit die kalte Schulter. Doch erlitt das System Menezes in entscheidenden Turnieren Schiffbruch.

2011 blamierte sich der Rekordweltmeister im Viertelfinale der Copa América, als die Seleção im Elfmeterschießen gegen Paraguay gleich vier Elfer verschoss und damit ausschied. Das Fass zum Überlaufen brachten im Sommer die Finalniederlage bei den Olympischen Spielen in London, wo die Seleção mit ihrer Mission Olympia-Gold gegen Mexiko (1:2) scheiterte. Spätestens da ahnten vielen, dass die Tage von Menezes gezählt waren.

Das Nachfolge-Karussel dreht sich bereits. Als potenzielle Nachfolger gelten Tite (Corinthians), Muricy Ramalho (Santos FC) und der vereinslose Ex-Nationaltrainer und WM-Sieger von 2002 Luiz „Felipão“ Scolari. Überraschend meldete sich auch Erfolgscoach Josep Guardiola aus seiner Auszeit zu Wort. Der Spanier, der im Mai nach vier Jahren und 14 Titeln seinen Rücktritt beim FC Barcelona erklärt hatte, ließ „Lance!“ angeblich wissen: „Das einzige Team der Welt, bei dem ich schon morgen als Trainer anfinge, ist die brasilianische Seleção. Und ich würde mit Brasilien Weltmeister.“ Das Rennen ist also eröffnet.