Barça-Krise: Machtkampf zwischen Messi und dem Trainer
Barcelona (dpa) - Die einstmals heile Welt beim FC Barcelona hat tiefe Risse bekommen. Ein Machtkampf zwischen Superstar Lionel Messi und Trainer Luis Enrique verschärfte die Krise beim spanischen Renommierclub.
Bereits vor wenigen Tagen war Sportdirektor Andoni Zubizarreta entlassen worden und Club-Urgestein Carles Puyol zurückgetreten. Wie spanische Medien berichteten seien die Tage des Trainers vor dem Pokal-Heimspiel gegen den FC Elche bereits gezählt.
Zum „Abbau der Spannungen“ im Club kündigte Clubpräsident Josep Bartomeu nun vorgezogene Wahlen zu Saisonende an. Der Urnengang sollte eigentlich erst im Sommer 2016 stattfinden.
Die Zeitung „El País“ berichtete wenige Tage nach der 0:1-Pleite bei Real Sociedad San Sebastián von einem „Brand“, der Team und Verein zu destabilisieren drohe. Luis Enrique trat am Mittwoch vor die Presse und beteuerte, er habe „mit keinem Spieler Probleme“. Bei weiteren Ausführungen des mit Fragen bombardierten 44-Jährigen wurde aber klar, dass am Camp Nou längst nicht alles in Ordnung ist. Berichte über heftige Diskussionen mit Messi wolle er „weder bestätigen noch dementieren“. Was innerhalb der Gruppe passiere, bleibe in der Kabine, fügte er mit strengem Blick hinzu.
Dass etwas nicht stimmt, wurde aber schon am Sonntag deutlich, als Messi und Neymar nach dem Eigentor von Jordi Alba auf der Bank schelmisch scherzten. Nach seiner Einwechslung legte Messi in der zweiten Halbzeit eine fast schon provokative Lustlosigkeit an den Tag. Nach dem Abpfiff soll sich der Argentinier in der Kabine zudem mit dem Teampsychologen und Coach-Vertrauten Joaquín Valdés angelegt haben, wie die Zeitung „AS“ berichtete.
Dabei läuft es sportlich gar nicht mal schlecht. Vor dem Spiel in San Sebastian hatte es zehn Spiele ohne Niederlage gegeben. Barcelona liegt in der Liga nur einen Punkt hinter Real, in der Champions League wurde das Achtelfinale erreicht. Erfolge, die interne Probleme offenbar aber nur überdeckten. Es ist bekannt, dass Messi sich nur äußerst widerwillig auf die Bank setzen lässt und kein Freund der Rotationspolitik des Trainers ist. Am Montag ließ sich der 27-Jährige beim Training nicht blicken. Offizielle Begründung: Magenverstimmung.
Laut Medien hatte es sich Luis Enrique schon kurz nach seiner Amtsübernahme im Sommer mit Messi verscherzt, als er auf einer Pressekonferenz tönte: „Der Führer hier bin ich.“ Seitdem seien die Differenzen zwischen beiden gewachsen. Beim Training am Freitag sollen sich Star und Coach mächtig in die Haare geraten sein, als Luis Enrique ein Tor des viermaligen Weltfußballers aberkannt hatte.
Es ist ein Duell der „Dickköpfe“: Trotz seines bescheidenen Auftretens gilt Messi intern als „Diva“, die unter anderem für die Abschiebung unliebsamer Stürmerkonkurrenten wie Zlatan Ibrahimovic und David Villa verantwortlich zeichnete. Nicht minder stolz und stur ist Luis Enrique. Als Trainer von AS Rom hatte sich der Hobby-Triathlet offen mit Club-Ikone Francesco Totti angelegt.
Laut Medien versuchen dieser Tage die Kapitäne Andrés Iniesta und Xavi im Konflikt zu vermitteln. Bartomeu kündigte am Mittwoch zur Bewältigung der Krise Wahlen an. Wegen der vielen Querelen der jüngsten Zeit, der Fehleinkäufe (Vermaelen, Douglas) und des vom Weltverband FIFA auferlegten Transferverbots steht er selbst nicht nur in den Medien, sondern auch intern in der Kritik.
Erst Anfang der Woche war Zubizarreta als Schuldiger ausgemacht und entlassen worden, woraufhin auch Assistent Puyol zurücktrat. Fans und Clubmitglieder wollen Sonntag beim Liga-Duell daheim gegen Meister Atlético Madrid gegen Bartomeu protestieren. Ex-Club-Star Hristo Stoitschkow goss noch mehr Öl ins Feuer: „Bartomeu hat von Fußball keine Ahnung“, sagte der Bulgare im spanischen Rundfunk.
Ob bei einer möglichen Entlassung des Coaches wieder Ruhe am Camp Nou einkehrt, wagen viele zu bezweifeln. Nicht wenige befürchten, dass Messi den Verein verlassen könnte. Seit Montag folgt er auf Instagram dem FC Chelsea und auch Profis des englischen Clubs.