Bleus unbescheiden: „Deutschland als WM-Sprungbrett“
Paris (dpa) - So stark haben sich die „Bleus“ lange nicht mehr gefühlt. Vor dem Testspiel gegen Deutschland am Mittwoch in Paris scheint die jahrelange Krise des französischen Fußball-Nationalteams mit vielen Misserfolgen und noch mehr Affären endlich überwunden.
Die Mannschaft um Bayern-Star Franck Ribéry strotzt vor Selbstvertrauen. „2014 werden wir Weltmeister“, tönte Chanson-Superstar Patrick Bruel in der TV-Sportsendung „Teléfoot“. Flügelflitzer Matthieu Valbuena will die DFB-Elf als „Sprungbrett“ auf dem Weg nach Brasilien benutzen. „Unser Ziel ist die Qualifikation für die WM, und das geht auch über große Tests wie gegen Deutschland“, sagte der Profi von Olympique Marseille.
Grund für das immense Selbstbewusstsein sind die jüngsten Prestigeerfolge. Mitte Oktober gab es in der WM-Qualifikation ein 1:1 bei Weltmeister Spanien, danach einen 2:1-Sieg in Italien. Aber sehr gute Ergebnisse hatte die „équipe tricolore“ ja auch vor einem Jahr zu verzeichnen, als die Elf von Joachim Löw in Bremen mit 2:1 bezwungen wurde. Bei der EM wuchs die Erfolgsserie auf 23 Spiele nacheinander ohne Niederlage an, bevor im Viertelfinale gegen Spanien das Aus kam. Den Disziplinlosigkeiten, die unter Coach Raymond Domenech mit dem Trainingsstreik bei der WM 2010 in Südafrika ihren Höhepunkt erlebt hatten, konnte allerdings auch dessen Nachfolger Laurent Blanc nicht Einhalt gebieten.
Inzwischen ist vieles anders. Als er im Juli sein Amt antrat, dozierte der neue Trainer Didier Deschamps (44) nicht über Taktik und Technik, sondern gab strikte „Verhaltensregeln“ aus. Das macht sich jetzt bezahlt. In „Teléfoot“ würdigte Deschamps neben Fan Bruel den „Gruppengeist“ innerhalb des Teams: „Der Gruppengeist ist entscheidend, die Qualität der Spieler nützt wenig, wenn es keinen Teamgeist gibt“. Und dass gegen Deutschland ein Sieg her soll, auch wenn es nicht um Punkte geht, daraus macht „DD“ kein Hehl. „Ich habe es immer gehasst, zu verlieren. Selbst wenn ich Karten spiele, will ich immer gewinnen“, so der Weltmeister von 1998.
Man wolle aber nicht nur die Deutschen, sondern auch Spanien „ärgern“, ergänzte der 44-Jährige. In der WM-Qualifikation steht im März nach dem Heimspiel gegen Georgien (22.3.) vier Tage später vor eigenem Publikum das entscheidende Duell gegen Xavi, Iniesta & Co. auf dem Programm. An die Möglichkeit der Playoff-Spiele der besten Gruppenzweiten denkt der knorrige, charakterstarke Siegertyp auf dem Weg zur WM überhaupt nicht. „Wir wollen Gruppenerster werden“, sagte Deschamps. Gegen Deutschland wird er daher im Stade de France nördlich von Paris kaum Experimente wagen. Er vertraut dem Kader der letzten beiden Spiele um Ribéry, Torwart Hugo Lloris (Tottenham), Abwehr-Routinier Patrice Evra (Manchester United) und Starstürmer Karim Benzema von Real Madrid.
Auch die französischen Nationalspieler der „zweiten Reihe“ sind derzeit in Topform. Barcelonas Lionel Messi sah am Sonntag beim 1:1 gegen Valencia gegen Adil Rami kaum einen Stich. Auch Newcastle Uniteds Neuzugang Moussa Sissoko feierte beim 3:2 über Chelsea mit zwei Toren ein sensationelles Debüt in der Premier League. Abwehr-Jungstar Raphael Varane von Real Madrid musste am Sonntag zwar verletzt absagen, aber ein anderer Neuling hofft auf seinen Einstand: Romain Alessandrini wurde nach nur 19 Spielen für Stade Rennes in der Ligue 1 ins Team berufen. „Das ist ein Zeichen. Die Nationalelf-Tür steht allen offen“, versicherte Deschamps - sogar Nicolas Anelka, der Domenech 2010 übel beschimpft hatte und nun im Alter von 33 bei Juventus Turin ein Comeback in Europa wagt.