Das Märchen von „Mini-Mou“ Villas-Boas geht weiter
Porto (dpa) - Die Erfolgsstory von Trainer-„Wunderkind“ André Villas-Boas liest sich wie ein Märchen. Der Mann, der im zarten Alter von nur 33 Jahren dem englischen Traditionsverein FC Chelsea zu neuem Ruhm verhelfen soll, war vor einem Jahr selbst in seinem Heimatland Portugal noch ein Nobody.
Dann aber gewann er mit dem FC Porto in zehn Monaten vier Titel. Der Triumph in der Europa League machte Villas-Boas im Mai in Dublin sogar zum jüngsten Europapokalsieger-Coach aller Zeiten. Durch die Zahlung einer Ablöse von 15 Millionen Euro wird er nun zudem laut Medien zum Akteur des teuersten Trainer-Transfers der Geschichte. Der Vertrag von Villas-Boas beim FC Chelsea läuft über drei Jahre. „Sein Ehrgeiz, Schwung und seine Entschlossenheit passen zu der von Chelsea“, erklärte der englische Club.
Im feinen Haus der einstigen Adelsfamilie Villas-Boas in Porto wird man inzwischen wohl kaum noch die Nase über das runde Leder rümpfen. „Er hat wie ein Alchimist eine der besten Fußball-Maschinen aller Zeiten geformt“, schrieb die renommierte Zeitung „Público“ über die Arbeit von Villas-Boas bei Portugals Meister.
Der Nachfolger des entlassenen Carlo Ancelotti wandelt auf den Spuren von José Mourinho. Die Portugiesen feiern ihn schon als „neuen Mourinho“ oder als „Mini-Mou“. Wie der aktuelle Coach von Real Madrid präsentiert sich auch Villas-Boas oft polemisch. Wie sein Landsmann hat er nie Profifußball gespielt. Wie Mourinho stellt auch Villas-Boas seine Schützlinge taktisch nahezu perfekt ein. Zudem: Beide wurden wie kaum andere ihrer Zunft gleich zu Beginn ihrer Trainerkarrieren am Douro-Fluss vom Erfolg geküsst.
Aber Villas-Boas weist alle Vergleiche mit dem langjährigen Lehrmeister zurück. „Ich bin kein Klon, bin ganz anders“, versichert er. Villas-Boas selbst erklärte sein Erfolgsrezept einmal so: „Nur mit Taktik gewinnt man keine Spiele. Man darf die Profis nicht so sehr einengen. Sonst können sie nicht ihre Fähigkeiten entwickeln.“
Der märchenhafte Aufstieg begann, als der 16-jährige Villas-Boas dem Nachbarn Bobby Robson - damals Porto-Coach - einen Brief mit Taktik-Tipps schrieb und frech empfahl, den Stürmer Domingos Paciencia nicht so lange auf der Bank schmoren zu lassen. Der Engländer heuerte den Teenager prompt als Praktikanten an. Dort lernte Villas-Boas auch den damaligen Assistenten Mourinho kennen.
Nach Lehrjahren in England und einer Station als Auswahl-Trainer der britischen Jungferninseln lernte er dann unter „Mou“ bei Chelsea und Inter Mailand alle Tricks, bevor er sich 2009 selbstständig machte und mit Abstiegskandidat Académica Coimbra 2010 den 11. Platz schaffte. Villas-Boas ist Mourinho dankbar, versichert aber: „Ich bin Robson viel ähnlicher, habe ja englische Vorfahren, eine große Nase und mag Wein.“