Derby in Manchester: Vorentscheidung im Titelkampf
Manchester (dpa) - Viel Prestige stand schon immer auf dem Spiel, wenn sich Manchester United und Manchester City trafen. Doch dieses Mal geht es im Stadt-Derby um nichts weniger als eine Vorentscheidung im Titelkampf - das neureiche ManCity mit Jerome Boateng und Edin Dzeko will endlich auftrumpfen.
„Wir kommen, um zu gewinnen“, kündigte City-Kapitän Carlos Tevez, der vor eineinhalb Jahren die Seiten wechselte, vollmundig an. Bis vergangenen Samstag ungeschlagen, führt Rekordmeister ManU (54) die Tabelle in Englands Fußball-Premier-League mit vier Zählern Vorsprung auf den FC Arsenal (50) an. Im Fall eines Sieges würde ManCity, mit 49 Punkten Dritter, auf zwei Punkte an den Spitzenreiter heranrücken. Das Titelrennen auf der Insel wäre wieder völlig offen, und die „Citizens“ hätten zum ersten Mal seit 1968 eine Chance auf den Meisterschaftspokal.
Höchste Zeit aus Sicht von Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan. Der Spross der Herrschaftsfamilie des Golfscheichtums Abu Dhabi übernahm den Club im Sommer 2008 und steckte seitdem wohl über eine halbe Milliarde Euro in den Verein, der sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren eine mittlerweile auf manchen Positionen drei- bis vierfach besetzte Edeltruppe zusammenkaufte. Doch die Elf, in der neben dem deutschen Nationalspieler Boateng und dem ehemaligen Wolfsburger Dzeko auch andere Bundesliga-Bekannte wie die Ex-Hamburger Nigel de Jong oder Vincent Kompany stehen, hat bislang nichts gewonnen. Vergangene Saison verpasste City mit dem kurz vor Weihnachten 2009 angeheuerten Coach Roberto Mancini als Fünfter die Champions-League-Qualifikation.
Am Samstag dürften sich wieder alle Augen auf Tevez richten. Seit seinem Wechsel von dem einen zum anderen Club ist der Argentinier für United-Fans eine Unperson. „Es ist mir egal, wenn die Leute in Old Trafford buhen. Ich habe keine Angst, dorthin zu gehen“, kündigte der Stürmer und City-Talisman an, der mit 18 Liga-Treffern nur einen weniger aufzuweisen hat als der aktuelle Torschützenkönig der Premier Leauge, Uniteds Dimitar Berbatow. „Gegen United zu spielen hat für mich natürlich einen großen Reiz. Aber es geht nicht nur um persönliche Gefühle, es geht um drei Punkte“, sagte Tevez.
Doch selbst bei einem Sieg dürfte es schwer für City werden, den Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem übermächtigen Nachbarn allzu schnell abzuschütteln. Immerhin zweimal englischer Meister (1937, 1968), gewann City seit dem Ligapokal 1976 nicht eine einzige Trophäe mehr, während Manchester United unter Trainerlegende Sir Alex Ferguson im gleichen Zeitraum elf englische Meisterschaften, acht Verbandspokale und vier Ligapokale abräumte und obendrein noch zweimal die Champions League gewann (1999, 2008). Allerdings muss United am Samstag auf Kapitän und Abwehrchef Rio Ferdinand verzichten. Dessen Fehlen könnte genau die Lücke für Tevez reißen.
Beide Seiten waren vor dem Derby bemüht, kein Öl ins Feuer zu schütten. City wies in der Nacht zum Freitag einen seiner Platzwarte an, seine Facebook-Seite vom Netz zu nehmen, auf deren Einträgen die Stadtrivalen als „Abschaum“ bezeichnet wurden. Und Mancinis Co-Trainer Brian Kidd, der früher für Ferguson arbeitete, rechnet trotz aller Rivalitäten nach dem Spiel mit einer Einladung auf ein Glas in Fergusons Büro. „Beim Boss ist das immer so. Es kommt immer weniger vor im Fußball, aber dort trifft man sich danach immer zu einem Schluck.“