Eigengewächs oder Weltstar: Mexiko sucht Nationaltrainer
Mexiko-Stadt (dpa) - Die Pressekonferenz des mexikanischen Fußballverbands zur Entlassung von Nationaltrainer Miguel Herrera war noch nicht ganz vorbei, da rätselten die Sport-Auguren bereits über den möglichen Nachfolger.
Es kursierten Namen aus dem In- und Ausland, in der Kategorie „Traum-Kandidat“ fand sogar ein Deutscher in die Liste der Sportzeitung „Afición“. Er werde in aller Ruhe einen neuen Nationalcoach suchen, sagte der designierte Verbandschef Decio de María. „Es gilt, einen ganzen Trainerstab zusammenzustellen. Ich werde den Prozess nicht beschleunigen, indem ich mir eine Frist setze.“
Als mögliche Herrera-Nachfolger werden der Uruguayer Gustavo Matosas vom Verein Atlas de Guadalajara und der Mexikaner Víctor Manuel Vucetich vom FC Querétaro gehandelt. Letzterem haftet allerdings das Makel seines glücklosen Gastauftritts als Nationalcoach im Jahr 2013 an.
Genannt wurden auch der Portugiese Pedro Caixinha vom derzeitigen Meister Santos Laguna und Ricardo Ferretti vom Club Tigres de Nuevo León. Der Brasilianer gilt als Wunschkandidat vieler Mexikaner, hat den Job als Nationaltrainer aber bereits mehrfach abgelehnt.
Auch der argentinische Coach Marcelo Bielsa von Olympique Marseille und Chiles Nationaltrainer Jorge Sampaoli wurden erwähnt. Und ganz Verwegene warfen die Namen des ehemaligen Real-Madrid-Trainers Carlo Ancelotti und des früheren Borussia-Coachs Jürgen Klopp in den Ring.
„Wir brauchen jemanden, der die Hosen an hat und dafür sorgt, dass die Regeln befolgt werden“, sagte der Besitzer des Clubs Chivas de Guadalajara, Jorge Vergara, dem Sender TVC Deportes. „Jemanden mit Autorität und Fachkenntnis.“
Herrera brachte nach einer chaotischen Phase vor zwei Jahren zunächst Ruhe in die Nationalmannschaft. In der enttäuschenden WM-Qualifikation im Herbst 2013 hatte Mexiko innerhalb von nur sechs Wochen gleich drei Trainer verschlissen. Der erfolgsverwöhnte Coach vom Club América erschien damals als Retter in der Not.
Bei der Weltmeisterschaft in Brasilien schied die „Tri“ allerdings bereits im Achtelfinale aus, bei der Südamerikameisterschaft in diesem Jahr gewann die Nationalmannschaft kein einziges Spiel. Zuletzt holte Herrera zwar den Gold Cup, allerdings nur mit Hilfe einer Reihe umstrittener Schiedsrichterentscheidung.
Letztlich den Job kostete ihn allerdings nicht seine durchwachsene Leistung als Trainer, sondern sein aufbrausendes Wesen. Bei der WM hatte der ehemalige Verteidiger mit seinen emotionalen Auftritten an der Seitenlinie noch Fans auf der ganzen Welt gewonnen. Jetzt wurde ihm seine Heißblütigkeit zum Verhängnis: Bei der Rückreise aus den USA soll der 47-Jährige auf dem Flughafen von Philadelphia einen mexikanischen TV-Kommentator geschlagen haben.
Auf Videos ist zwar vor allem Herreras Tochter zu sehen, die kräftig austeilt. Gegenüber dem Verband soll der Trainer den Angriff auf den Reporter allerdings eingeräumt haben. „Gewalt passt nicht in die Gesellschaft, in die Familie und nicht in den Sport“, sagte Verbandschef De María. „Unsere Werte, unsere Prinzipien stehen über jedem Resultat.“