EM-Schiedsrichter bekommen Analysten zur Seite
Enghien-les-Bains (dpa) - Bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich stehen den 18 EM-Schiedsrichtern erstmals professionelle Spielanalysten zur Seite.
Das Team bestehe aus lizenzierten Trainern, sagte UEFA-Schiedsrichterchef Pierluigi Collina in Enghien-les-Bains bei Paris während eines Workshops für die Unparteiischen der Fußball-EM 2016. „Die Schiedsrichter sollen einen Schritt voraus sein und alles über die beiden Teams und die Spieler wissen, bevor das Match beginnt“, begründete Collina die Neuerung.
Dabei gehe es um Taktik, neue Informationen oder wichtige Einzelheiten der Mannschaften der nächsten Begegnung sowie deren Spieler. Zudem gebe es eine Daten-Plattform zu Teams und Spielern für die beteiligten Schiedsrichter.
Zur ihrer Vorbereitung können die 18 ausgewählten Unparteiischen und die 36 Schiri-Assistenten auf ein weiteres neues Hilfsmittel zurückgreifen. Ein internet-basiertes Tool umfasst hochauflösende Videos zu Abseitssituationen, die von den Schiedsrichtern jeweils beurteilt werden müssen. Laut Collina soll die Datenbasis alle zwei Wochen erneuert werden.
Mit Blick auf wichtige Änderungen verwies Collina auf die Notwendigkeit gemeinsamer Kriterien von Teams, Spielern und Schiedsrichtern bei kritischen Spielsituationen. „Wir müssen dieselbe Sprache sprechen“, sagte Collina. Ein UEFA-Team werde deswegen vor dem am 10. Juni beginnenden Turnier alle 24 Mannschaften besuchen. Im Gepäck hat Collina dann 20 Videoclips, um Teams und Spielern die Interpretationen der Schiedsrichter zu verdeutlichen.
Als Beispiel nannte Schiri-Chef Collina die bei der EM neue Regelung für die sogenannte Dreifachbestrafung. Bei einem Foul im Strafraum gibt es künftig Gelb statt Rot, wenn laut Collina die „klare Absicht“ erkennbar gewesen sein, den Ball zu spielen. Damit entfällt auch die mit einem Platzverweis fällige Spielsperre.
Auch eine etwa in Spanien und Großbritannien beobachtete Taktik soll sanktioniert werden: Die angreifende Mannschaft positioniert bei Freistößen eine zweite Mauer zwischen Abwehrmauer und Torwart, die Spieler rennen beim Freistoß aus der Abseitsposition. „Ein Treffer würde hier nicht gewertet“, machte Collina deutlich.
Der einzige deutsche Schiedsrichter bei der EM, Felix Brych, bewertet das positiv. „Es ist gut, dass alle auf einen einheitlichen Stand gebracht werden, was die Regelanwendungen betrifft. Das kann uns nur helfen“, sagte Brych in Enghien-les-Bains. Er begrüßte zudem die jetzt auch bei der EM eingesetzte Torlinientechnik: „Für uns ist das eine große Erleichterung, weil dadurch einfach eine ganz wichtige Fehlerquelle reduziert wird. Die Erfahrungen aus der Bundesliga sind sehr positiv.“