EM-Schiedsrichter Stark: „Druck wird immens groß sein“
Warschau (dpa) - Fragen an den deutschen Schiedsrichter Wolfgang Stark, der bei der Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine im Einsatz sein wird.
Die UEFA hat den Schiedsrichtern für die EM-Zeit ein strenges Interviewverbot auferlegt. Sind Sie froh über diese Maßnahme oder halten Sie diese für übertrieben?
Stark: „Es ist immer ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ist man schon froh, denn unsere Hauptaufgabe hier ist es, die Spiele zu leiten. Der Druck wird immens groß sein. Das ist eine gute Idee für die Aktiven, dass man sich hier auf die Spiele, auf das Eigentliche konzentriert.“
Ist der Druck denn größer geworden, auch durch das Internet? Bei Facebook gibt es beispielsweise Gruppen, die sich nur damit beschäftigen, Sie abzulehnen. Tangiert Sie das?
Stark: „Klar, der öffentliche Druck steigt. Aber was Facebook betrifft, das belastet mich eigentlich weniger. Ich selber bin nicht bei Facebook und beschäftige mich mit diesem Medium nicht. Ich weiß daher auch nicht genau, was da drin steht. Der Druck hat in den letzten Jahren zugenommen, aber die Schiedsrichter, die hier sind, haben alle so viel Erfahrung, mit diesem Druck umzugehen. Ich habe das in den letzten Jahren geschafft, ich denke, ich werde es auch hier bei der EM wieder schaffen.“
Erstmals werden bei einem großen Turnier die sogenannten Torrichter zum Einsatz kommen? Ist das die Zukunft oder doch eher die von der FIFA favorisierte Torlinientechnologie?
Stark: „Wir müssen abwarten und nach dem Turnier die Dinge analysieren. Alle sind sehr, sehr gut vorbereitet und eingestimmt. Natürlich passieren auch Fehler, aber wenn eine richtige Entscheidung in einem Spiel dabei ist, die durch diesen zusätzlichen Schiedsrichterassistenten getroffen worden ist, war der Einsatz berechtigt. Ob es nach der EM dann weitergeführt wird oder nicht, obliegt nicht unserer Entscheidung.“
Die Ukraine steht massiv in der Kritik. Es gab Boykottaufrufe. Was ist Ihre Meinung zu den jüngsten Diskussionen?
Stark: „Natürlich verfolgt man das in der Presse. Aber meine Aufgabe ist hier eine andere. Lassen Sie mich auf meine Aufgabe konzentrieren. Meine Hauptaufgabe ist es, hier ordentliche gute Spiele zu leiten. Ich möchte das ganz klar trennen, Politik und Sport. Ich bin hier für den sportlichen Bereich zuständig.“
Machen Sie sich Gedanken um die Sicherheitssituation in der Ukraine?
Stark: „Nein. Ich denke, es wird alles dafür getan, dass wir sicher untergebracht sind und sicher zu unseren Spielen kommen. Es kann auch zu Hause etwas passieren, davor ist man nie gefeit. Ich mache mir hier um die Sicherheit überhaupt keine Sorgen.“
Es ist aus Altersgründen Ihre letzte EM. Wem drücken Sie die Daumen, der deutschen Nationalmannschaft oder dem Schiedsrichter Wolfgang Stark? Ins Finale kann nur einer kommen.
Stark: „Ich schaue erst einmal selber auf meine Spiele. Wir müssen den Turnierverlauf abwarten. Natürlich drücke ich auch der deutschen Nationalmannschaft die Daumen. Dafür ist man auch als Schiedsrichter zu sehr Fußballfan. Es heißt ja nicht automatisch, wenn die deutsche Mannschaft in der Vorrunde ausscheidet, dass dann das deutsche Schiedsrichter-Team das Finale pfeift.“