Franzosen ohne Rachelust, aber: Deutschland besiegen
Paris (dpa) - Von Rachegelüsten wollen sich Frankreichs Fußballer bei ihrer Standortbestimmung gegen Weltmeister Deutschland nicht antreiben lassen.
210 Tage vor dem Eröffnungsmatch bei der Heim-EM wissen die Spieler der „Équipe tricolore“ auch so nur zu gut, dass ein prestigeträchtiger Sieg gegen die DFB-Elf zur rechten Zeit käme nach dem Skandal um ein Sexvideo mit Mathieu Valbuena und Ermittlungen gegen den beschuldigten Karim Benzema wegen Erpressung.
„Deutschland ist auch heute noch die Mannschaft, die es zu schlagen gilt“, betonte Torwart Hugo Lloris im Pressekonferenzraum des Stade de France in Saint-Denis bei Paris. Nach der Partie habe mein einen Hinweis, „wie stark die Mannschaft von Frankreich und wie stark die Mannschaft von Deutschland ist“, meinte Trainer Didier Deschamps.
Der ehemalige Welt- und Europameister hatte schon vorher von echten „Härtetests“ für seine „Équipe tricolore“ gegen den Weltmeister und am Dienstag in London gegen England gesprochen. Zugleich betonte Deschamps: „Aber wir stehen noch nicht unter Druck.“ Ernst werde es erst am 10. Juni 2016 - dem Auftakttag der EM in Frankreich, ebenfalls im Stade de France.
Am Donnerstag räumte er allerdings ein, dass der echte Wettbewerb mit der EM im eigenen Land immer näher rücke. „Es sind die letzten beiden Spiele in diesem Jahr, das nächste steht erst wieder im März nächsten Jahres an“, betonte Deschamps, der sein Team als EM-Gastgeber ausschließlich mit Testspielen vorbereiten kann. „Natürlich ist es schwer, echte Wettkampf-Bedingungen herzustellen.“
Im Stade de France dürfte allerdings schon ein packender Vorgeschmack auf die EM aufkommen. „Liebe Anhänger, mehr denn je brauchen 'Les Bleus' euch an diesem Freitag gegen den Weltmeister“, rief der Verband bereits seine Fans via Facebook auf. Eine Revanche für das verlorene Viertelfinale bei der WM in Brasilien soll die Partie aber nicht werden, betonte Keeper Lloris: „Das sind zwei komplett verschiedene Spiele.“
Nach dem pikanten Vorspiel mit der Erpressungsaffäre um Mittelstürmer Benzema hat Deschamps sein Team seit Montag im nationalen Fußball-Zentrum in Clairefontaine in Ruhe auf die anstehenden Aufgaben vorbereitet. Benzema und Valbuena sind nicht mit dabei. Auf die immer wiederkehrenden Fragen zu den beiden und der Bedeutung ihres Fehlens für die Mannschaft reagierte Deschamps leicht genervt: „Ich beantworte diese Frage nicht. Fragen Sie mich zu den 23 Spielern, die dabei sind.“
Es ist die Chance für andere, sich zu empfehlen - allen voran Bayern Münchens Kingsley Coman. „Ich weiß, was ich will“, bekräftigte Coman in den Tagen vor seinem möglichen Debüt im Dress der französischen A-Nationalmannschaft: „Es gibt nicht viele Spieler mit meinem Profil.“ Coman habe ein sehr interessantes Potenzial, bescheinigte Deschamps dem Außenbahnspieler. Dass er im Stade de France seine A-Mannschaftspremiere gegen seine Münchner Kollegen Jérôme Boateng, Thomas Müller und Manuel Neuer feiern könnte, ist nicht unwahrscheinlich. Zum Einsatz kommen soll er zumindest in einer der beiden Partien - wann und in welcher Form, verriet Deschamps nicht.
Coman, der erneute Rückkehrer Hatem Ben Arfa oder auch ein André-Pierre Gignac, der im fernen Monterrey in Mexiko unter Vertrag steht - sie alle profitieren auch vom Wirbel um Benzema und Valbuena. „Wir wissen, wie wichtig diese Spieler sind. Es sind zwei, die die Mannschaft nach oben ziehen können, aber niemand ist unersetzlich“, kommentierte Keeper Lloris.