Ganz Wembley in Blau-Weiß-Rot
London (dpa) - Ganz Wembley erstrahlte in Blau-Weiß-Rot, englische und französische Nationalspieler standen wie Brüder Arm in Arm und sangen inbrünstig die Marseillaise.
„Wembley war französisch“, titelte die Zeitung „Le Figaro“ am Tag nach der beispiellosen Solidaritäts-Geste beim Länderspiel der beiden Fußball-Nationen. „Es war herzzerreißend, man konnte es bis tief ins Knochenmark spüren. Unglaublich bewegend“, kommentierte Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps ergriffen. „L'Équipe“ bedankte sich bei den Briten mit großen Lettern auf Seite eins: „THANK YOU“.
Die Botschaft, sich dem Terror der Islamisten unter keinen Umständen zu beugen, stand über allem. Erst Recht über dem bedeutungslosen Spiel in London an sich, das die Engländer mit 2:0 gewannen. „In diesen Zeiten müssen wir alle zusammenstehen“, sagte Englands Wayne Rooney. „Letzte Nacht lieferte Wembley ein Beispiel dafür, wie stark der menschliche Geist sein kann“, meinte der britische „Daily Star“.
Der „Mirror“ schrieb zum gemeinsamen Singen der französischen Hymne, an dem sich auch alle Einwechselspieler beteiligten: „44 junge Millionäre von England und Frankreich dienten als Vorbilder, Botschafter und Helden, indem sie im Wembley-Stadion aufgestanden sind.“ Die Sportler hätten damit ihr ganz eigenes Statement abgegeben, „was sie von Leben und Toleranz“ halten, urteilte der „Daily Telegraph“.
Schon vor der Partie legten Prinz William, Deschamps und Englands Nationaltrainer Roy Hodgson Kränze zum Gedenken an die 129 Terroropfer von Paris nieder. „Niemals zuvor schienen die Ereignisse auf dem Platz so unbedeutend verglichen mit denen außerhalb“, schrieb der „Daily Star“. „Es war ein Moment, in dem wir alle zusammengerückt sind, ein Moment der Vereinigung“, befand Deschamps. Hodgson betrachtete das Ganze „weniger als Zeremonie, man könnte das als Gedenkgottesdienst bezeichnen“.
Die Sympathie- und Solidaritätsbekundungen in Wembley bewegten die Franzosen. Premierminister Manuel Valls twitterte: „Die Marseillaise in Wembley. Zwei Völker im Gleichklang. Riesige Emotion. Liberté. Ègalité. Faternité.“ Deschamps erklärte nach dem Abpfiff: „Diese Solidarität im Schmerz war sehr bewegend. Das geht unter die Haut und direkt ins Herz. Schön, ergreifend, grandios.“
Der Fußball, das Ergebnis, der Wettkampf traten nicht nur in London, sondern vor allem auch auf der anderen Seite des Ärmelkanals in den Hintergrund. In den französischen Medien war am Mittwoch kaum eine Zeile Spielanalyse zu finden. Dass die Spieler „die Kraft gehabt haben, zu spielen, das allein war schon großartig“, befand „L'Équipe“. Allen voran gelte das für den eingewechselten Lassana Diarra, der bei den Terroranschlägen eine Cousine verloren hatte.
Für die französischen Profis diente die Begegnung auch als Therapie. „Das war wichtig, gespielt zu haben. Wir haben unsere Farben mit Stolz getragen und gezeigt, dass uns nichts stoppen kann“, meinte Außenverteidiger Lucas Digne. Verteidiger Raphael Varane räumte ein: „Wir konnten unseren Kopf etwas freimachen.“