„Traum gestorben“ Kritik an Ranieri-Entlassung in Leicester
Leicester (dpa) - Seine überraschende Entlassung beim englischen Fußball-Meister Leicester City hat Trainer Claudio Ranieri tief getroffen.
„Gestern ist mein Traum gestorben“, teilte der Italiener in einer ersten Stellungnahme mit, die sein Agent veröffentlichte. „Nach der Euphorie der letzten Saison und der Meisterschaft habe ich nur davon geträumt, in Leicester zu bleiben. Leider sollte es nicht sein.“
Die Clubbesitzer hatten den 65-Jährigen am Donnerstagabend nach der Champions-League-Niederlage in Sevilla (1:2) von seinem Posten entbunden. Die Trennung vom FIFA-Trainer des Jahres sei „schmerzhaft“, aber notwendig, hieß es in einer Mitteilung des Clubs. Grund dafür war der Sturz in der Premier League auf Platz 17, nur einen Punkt von den Abstiegsrängen entfernt.
In der vergangenen Saison hatte Ranieri die Mannschaft sensationell zur ersten Meisterschaft in der 133-jährigen Clubgeschichte geführt. „Das war ein unglaubliches Abenteuer und wird mich für immer begleiten“, erklärte der FIFA-Trainer des Jahres jetzt. „Von ganzem Herzen danke ich allen im Club, den Spielern, den Mitarbeitern, allen, die Teil dessen waren, was wir erreicht haben, aber vor allem den Fans. Ihr habt mich vom ersten Tag ins Herz geschlossen und mich geliebt. Ich liebe euch auch.“
Trost hatte er zuvor von großen Trainer-Kollegen bekommen. „Behalte dein Lächeln, mein Freund. Niemand kann die Geschichte löschen, die du geschrieben hast“, schrieb José Mourinho von Manchester United bei Instagram. Er sei nicht immer einer Meinung mit Mourinho, ließ Bayern-Coach Carlo Ancelotti aus München wissen: „Aber das stimmt.“ Ranieri habe eine großartige Geschichte für Leicester und sich selbst geschrieben, sagte Ancelotti über seinen italienischen Landsmann. „Aber entlassen zu werden ist Teil des Trainer-Jobs.“
Ranieri war 2015 zu den Foxes gekommen, hatte den Verein in aussichtsloser Lage noch vor dem Abstieg gerettet und bereits ein Jahr später zum Sensations-Titel geführt. Leicester-Ikone Gary Lineker reagierte bestürzt auf die Nachricht, dass sich der Club nun vom Meister-Macher getrennt hatte. „Ich habe gestern Abend eine Träne für Claudio vergossen“, sagte der Ex-Nationalspieler und heutige TV-Moderator bei BBC Radio 4.
„Es ist mir unerklärlich. Und es ist unerklärlich für alle Fußballfans, die das Spiel lieben“, meinte Lineker weiter, der in Leicester geboren wurde und selbst neun Jahre für die Foxes spielte. Nur der frühere Leicester-Keeper Peter Shilton zeigte als einer von wenigen Verständnis für die „mutige“ Entscheidung.
Die Medien äußerten kaum Verständnis. „Claudio Ranieris Herrschaft endet auf gemeine, brutale Weise“, titelte die Zeitung „Guardian“. Und „The Independent“ nannte die Entlassung „eine verabscheuungswürdige Schandtat, die zeigt, dass der Fußball seine Seele verloren hat“. Der thailändische Leicester-Clubbesitzer Vichai Srivaddhanaprabha rechtfertigte sich am Freitag bei Instagram: „Wir haben nicht nur ein Problem zu lösen, es sind eine Million Dinge zu tun, damit der Verein überlebt.“
Ranieris ehemaliger Co-Trainer und aktueller Interimscoach Craig Shakespeare widersprach Medienberichten, es habe nach der Niederlage in Sevilla eine Spielerrevolte gegen den Coach gegeben haben. „Es gab viel Frust wegen der Ergebnisse“, aber die Unterstützung in der Kabine habe Ranieri nicht verloren, stellte Shakespeare am Freitag klar. „Vieles, was das geredet wird, ist reine Spekulation.“
Im kommenden Heimspiel am Montag gegen den FC Liverpool wird Shakespeare für Leicester auf der Bank sitzen, während die Suche nach einem Nachfolger läuft. Laut Medienberichten ist Ranieris Landsmann Roberto Mancini ein aussichtsreicher Kandidat. Sky Sports berichtete am Freitag bereits von einer Kontaktaufnahme der Leicester-Führung mit dem früheren Meistertrainer von Manchester City. Der 52-jährige Mancini trainierte bis August 2016 Inter Mailand.